Hintergrund
An manchen Tagen fängt alles mit einem klaren Plan an und endet komplett anders. Anders gesagt, die spannendsten Abenteuer kannst du nicht planen, sie passieren einfach, so wie diese Delfinrettung. Nachdem wir tagelang unbeschreiblich viele Wanderungen absolviert hatten, wollten wir uns einen Tag zum relaxen nehmen. Stahan ist die erste Stadt an der Westküste und wo könnte man besser entspannen, als am Meer.
Am Vortag kamen wir abends in Strahan an und dort fanden wir eine kleine Dayuse-Area (ein Picknickplatz zur Nutzung während des Tages). Diese war perfekt für einen entspannten Tag, da das Meer einige Meter entfernt war, es Klos gab und ein Pavillon mit BBQs. Da man dort nicht schlafen durfte, fuhren wir abends 15 Minuten aus der Stadt raus. An dem besagten Tag standen wir früh auf und fuhren zu einem Lookout, welcher in der Gegend lag. Danach wollten wir einen weiteren Lookout besichtigen und schließlich zum Platz am Meer fahren. Doch nach dem ersten Lookout kam alles anders und wir befanden uns plötzlich mitten in einer Delfinrettung.
Wie fing es an?
Nachdem wir einige Fotos von dem Macquarie Heads Lookout hatten, liefen wir zu unserem Auto. Auf dem Weg wurden wir von einer Frau abgefangen, die fragte, ob wir Netz hätten. Da ich Netz hatte sagte ich, dass sie mein Handy für einen Anruf haben könnte. In der Hektik verstanden wir, dass ein Delfin an den Strand gespült wurde, welcher noch lebte. Zusammen mit ihr suchten wir nach einer Nummer für genau diesen Zuständigkeitsbereich.
Die ersten Anrufe führten zu nichts, schließlich fanden wir die richtige Nummer. Nach dem Telefonat teilte uns die Frau mit, dass jemand kommen würde, aber die Delfine nass bleiben müssten, um zu überleben. Selbstverständlich änderten wir unsere Pläne und fuhren mit unserem Auto an den Strand. Leider konnten wir sie und ihren Mann nicht mitnehmen, da wir nur zwei Sitze im Auto haben. Folglich fuhren wir vor und sie kamen mit dem Fahrrad nach. Zu dem Zeitpunkt war uns die Größe der Delfinrettung nicht bewusst.
Delfine am Leben halten
Zum ersten Mal fuhren wir mit Rojo auf einen Strand. Eigentlich wollten wir dies das erste Mal gut planen, da das Auto danach gewaschen werden muss, aber die Situation erforderte schnelles Handeln. Delfine trocknen sehr schnell aus, deswegen mussten wir uns beeilen. Als wir uns den Delfinen nährten bemerkten wir, dass es nicht ein oder zwei Delfine waren sondern sehr viele, genau gesagt lagen 15 Delfine im Sand. Fünf Delfine waren leider bereits tot. Als wir ankamen nahmen wir schnell einen Eimer und eine Schüssel und fingen an die Delfine mit Meerwasser zu begießen. Wichtig dabei ist, dass das Wasser nicht ins Blasloch darf. Nach einigen Delfinen stießen immer mehr Menschen dazu und es bildete sich eine Helfergruppe, welche die Delfine nass hielt.
Neben der Feuchtigkeit ist es essenziell die Delfine gerade hin zu legen so, dass auf beiden Seiten die vorderen Flossen frei sind. Dies war eine sehr heikle Angelegenheit, da die Delfine schwer sind und sich teilweise auch wehren, wenn du sie drehen möchtest. Außerdem muss vor der Drehung ein Loch gebuddelt werden, wo sie rein kommen, damit sie nicht wieder umfallen. Die Drehung selbst muss sehr vorsichtig durchgeführt werden, da die Gefahr besteht die vorderen Flossen zu brechen. Anfangs gruben wir mit den Händen bis und einfiel, dass wir in unserem Bergungsset fürs Auto eine Schaufel haben. Danach wurde das Graben leichter, doch die Drehungen waren immer noch schwierig.
Die meisten Delfine ließen sich gut drehen, doch einer wollte überhaupt nicht gedreht werden. Dieser Delfin bewegte sich so heftig, dass er seitlich ins gegrabene Loch rein rutschte. Für diesen Delfin, dies war auch der Größte der Gruppe, grub ich drei Löcher, bis er in der richtigen Position lag. Nachdem alle Delfine aufgerichtet wurden hieß es Eimer für Eimer holen, um sie am Leben zu halten. In der Zwischenzeit kam die Polizei und weitere Helfer. Der Polizist half mit und gab wichtige Infos weiter und einige Helfer brachten große Eimer und Kaffee für alle mit.
Verstärkung?
Die Arbeit an den Delfinen erforderte viel Kraft, besonders ohne Frühstück im Bauch. Wir hielten die Delfine am Leben, die Zeit verstrich und doch passierte nichts. Es fehlte der nächste Schritt, der Transport der Delfine zurück ins Wasser. Dafür benötigte es Parkranger mit entsprechender Ausrüstung, doch genau diese kamen aus Queenstown, eine Stadt die in 45 Minuten Entfernung lag. Irgendwann kam ein Ranger, aber er ging auch wieder. So dauerte das Wässern der Delfine zwischen zwei und drei Stunden.
Irgendwann kam der Ranger mit einem Anhänger an seinem Fahrzeug wieder. Da kam die Rettungsaktion langsam ins Rollen. Zuvor sah ich, dass die meisten Delfine genug gewässert wurden, so beschränkte ich meine Aufmerksamkeit auf den großen Delfine, welcher sich immer wieder gegen die Hilfe wehrte. Irgendwie neige ich dazu, gewisse Tiere schnell in mein Herz zu schließen. Ich hielt diesen Delfin nass und grub immer wieder seine vorderen Flossen aus bis ich eine neue Aufgabe bekam. In der Zwischenzeit wurden die Delfine auf Rettungsplanen gehoben. Diese Planen konnten mehrere Menschen gleichzeitig packen, so dass viele Menschen einen Delfin auf den Anhänger laden konnten. Es passten fünf Delfine auf den Anhänger, dementsprechend wurde die Gruppe geteilt.
Vorgehen bei der Rettung
Einige Helfer blieben bei den fünf Delfinen am Strand, um diese weiter zu bewässern und eine andere Gruppe fuhr mit dem Anhänger an eine geeignete Stelle, um die Delfine wieder ins Wasser zu tragen. Als uns gesagt wurde, dass wir „nass“ werden könnten, hatten wir noch keinen Plan, was uns bevor stand. An einer Stelle hielt das Auto mit dem Anhänger und uns wurde das Vorgehen erklärt. Zunächst sollten die Delfine aus dem Anhänger raus getragen werden und am Strand, relativ nah ans Wasser, wieder abgelegt werden. Danach würden zwei Delfinen zeitgleich ins Wasser getragen werden. Für einen Delfin wurden vier Personen benötigt.
Zwei Haken hatte die Aktion. Im Wasser sind Delfine gefährlich für die Helfer, da sie einen mit ihrem Schwanz ziemlich leicht abräumen können. Deswegen durften nur vier Personen einen schweren Delfin tragen. Die zweite Schwierigkeit war das „nass werden“, übersetzt hieß es so viel wie: Du läufst komplett ins tiefe und kalte Wasser und dabei trägst du den Delfin. Und weil es noch nicht schwer genug war, kam eine Sandbank hinzu. Würde der Delfin vor der Sandbank freigelassen werden, würde dieser wahrscheinlich dort landen, wo er herkam, im Sand gestrandet. Dementsprechend dauerte der Weg im Wasser pro Delfin zwischen 20 und 30 Minuten. Sobald wir die Sandbank überwunden sei, könnten zwei Helfer den Delfine bei den Vorder- und der Rückenflosse nehmen und ihn so tief wie möglich weiter raus führen.
Der erste Delfin wird gerettet
Der Plan hörte sich für uns ziemlich heftig an, immerhin waren die Stunden zuvor schon kräfteraubend. Aber auch diesen Teil der Rettung wollten wir mitmachen. Überflüssige Klamotten und Wertsachen (Hose, Autoschlüssel usw.) wurden am Auto gelassen und dann ging es auch schon los. Bedingt durch die Umstände sahen wir auch zum ersten Mal einen Polizeibeamten ohne Hose, aber das war nur ein kleiner Spaß am Rande.
Der erste Weg ins kalte Wasser war der Schlimmste. Der Polizist und der Ranger bildeten mit uns beiden eine Gruppe. Dabei gab der Polizist immer wieder Anweisungen, damit das Wohl des Delfins sichergestellt blieb. Beim tragen musste der Delfin immer wieder stabilisiert werden. Dafür musste zwischendurch die Rettungsplane neu ausgerichtet werden oder der Delfin an den Flossen festgehalten werden, damit dieser gerade liegen blieb, um die Luftzufuhr durch das Blasloch sicherzustellen.
Wie schon gesagt der erste Weg war furchtbar. Wenn Tasmanien für eins bekannt ist, dann für die unglaubliche Kälte. Da nichts zwischen der Antarktis und Tasmanien liegt, ist das Wasser auch entsprechend „frisch“. Immer wieder ging es im Wasser rauf und runter. Dabei froren wir uns ordentlich einen ab und der Weg schien unendlich weit. Jenny musste, aufgrund ihrer Größe, teilweise schwimmen, während sie immer noch die Rettungsplane mit dem Delfin festhielt. Doch es lohnte sich, die erste Freilassung war magisch. All die Stunden der harten Arbeit waren es wert zu sehen, wie der Delfin eine neue Chance zum Leben bekam. Da zwei Delfine zeitgleich freigelassen wurden, lagen noch drei weitere im Anhänger und fünf weitere am Strand. Noch lag ordentlich Arbeit vor uns.
Delfinrettung
Das Abenteuer ging weiter. Auf dem Rückweg mussten wir auch die Rettungsplanen mitnehmen. Dies erschwerte den Weg, da wir auf dem Weg zurück gegen die Strömung kämpften, welche die Plane wieder mehr ins Meer zog. Die erste Delfinrettung schaffte uns ordentlich, aber schneller als wir denken konnten, waren wir mit dem zweiten Delfin unterwegs. Dieser wehrte sich immer wieder, was die komplizierte Aufgabe nochmal erschwerte. Mit viel Kampf brachten wir auch diesen Delfin in die Freiheit. Während ich beim ersten Delfin mit der Plane zurück lief, durfte ich den zweiten komplett raus tragen, was das Ganze noch persönlicher machte. Es war bewegend zu sehen, wie der zuvor hilflose Delfin davon geschwommen ist.
Da die Delfine im ersten Moment orientierungslos sind, mussten wir auch sicherstellen, dass sie nicht wieder zurück kamen. Einige von ihnen schwammen als erstes in die falsche Richtung, aber wir scheuchten sie zurück in die richtige Richtung. Nach dem zweiten Delfin teilte sich die Gruppe auf. Ich blieb, um einen weiteren Delfin ins Wasser zu tragen. Jenny und einige andere fuhren zurück, um die restlichen Delfine auf den Anhänger zu laden und zu holen. An dieser Stelle muss auch erwähnt werden, dass ich echt stolz auf Jenny bin. Für das Tragen der Delfine wurde eine Gruppe von Männern zusammengesucht. Als einzige Frau mühte sie sich mit den sehr schweren Tieren ab.
Schließlich brachten die Helfergruppen die restlichen Delfine wieder in die Freiheit. Ich trug so viele Delfine bis keine mehr da waren und am Ende war ich komplett fertig. Doch nach dem letzten Delfin, war es ein Moment für die Ewigkeit zu sehen, wie sie alle wieder raus in Meer schwammen. Wir konnten zehn von 15 Delfine retten. Von Anfang an waren nur zehn am Leben und in über fünf Stunden starb kein weiterer Delfin. Dabei gab es einige Kandidaten, wo es unsicher war, ob sie überleben würden.
Ein kurioser Tag geht weiter
Auf meinem Weg raus aus dem Wasser, sah ich, dass Jenny neue Bekannte machte. Da sie nach den zwei Runden extrem gefroren hatte, bekam sie eine Jacke von einem Polizisten, der im Verlauf dazu kam. Im Gespräch hätte er ihr einen Job angeboten, wenn die Qualifikation gepasst hätte und schließlich erhielten wir das Angebot, dass er uns zu den kostenlosen Duschen der Stadt führen könnte. Vorher aßen wir paar Snacks, die eine Rangerin für die Helfer mitgebracht hatte. Dies war wohl ein etwas verspätetes Frühstück.
Bevor es zurück zu unserem Auto ging, suchten wir noch unsere Autoschlüssel, die irgendwie in dem Wirbel verschwanden. Doch nach einem kurzen Schock fanden wir sie wieder. Am Auto schmissen wir alle sandigen Sachen irgendwo rein. Danach folgten wir dem Polizisten in die Stadt. Leider waren die zwei Duschen wegen Vandalismus geschlossen. Zu unserem Glück lud uns der Polizist in die Polizeistation zum Duschen ein. Folglich fuhren wir zur Station parkten unser Auto neben den anderen Streifenwagen und gingen duschen. Darüber hinaus durften wir an der Polizeistation unser Auto sauber machen und bleiben so lang wie wir wollten. Auch am nächsten Morgen hätten wir nochmal wiederkommen können. Was es für Erfahrungen im Leben gibt. Dank der Polizei konnten wir frisch geduscht den Tag ausklingen lassen. Um 15 Uhr frühstückten wir dann offiziell.
Fazit und nützliches Wissen
Solltest du jemals einen lebendigen Delfin am Strand finden dann:
- Wässere den Delfin mit Meerwasser, aber nicht ins Blassloch
- Kontaktiere Ranger, zuständige Abteilungen oder die Polizeistation
- Bring den Delfin in eine aufrechte Position und stelle sicher, dass die vorderen Flossen nicht unter dem Delfin oder im Sand vergraben liegen
- Wenn es geht grab auch ganz vorsichtig ein Loch unter der Schwanzflosse, die ist extrem empfindlich. Aber nur mit einer Schaufel, da die Schwanzflosse für uns Menschen ziemlich gefährlich sein kann.
- Halte dich an die Anweisungen der „Experten“
- Außerdem streichle den Delfin nicht! (Damit wird eine Schutzschicht auf der Hautoberfläche der Delfine zerstört.)
Unglaublich, wie schnell aus einem entspannten Tag eine Delfinrettung wurde. Das Abenteuer kam aus dem Nichts und es verlangte uns viel Kraft ab. Doch am Ende bleibt ein sehr bewegendes Erlebnis in unseren Herzen. Außerdem war es schön zu sehen, was Menschen Gutes anstellen können, wenn sie als Team zusammen arbeiten. Nach solch einem fantastischen Tag, gönnten wir uns am nächsten Tag etwas Ruhe.
~ Daniel