Der Weg zum Flug
Es ist der 15 Oktober. Ich wache auf und streiche den letzten Tag meines “(…) Tage noch bis Australien” Kalenders durch. Es fühl sich unglaublich befreiend und doch so unreal zu gleich an. Lange bleibt mir nicht, um mir Gedanken darüber zu machen, denn es ist 3:45 Uhr und in 45 Minuten muss ich meine Taschen fertig gepackt haben. Es sind kurze 45 Minuten in denen ich mich erst fertig gemacht und dann meine letzten Sachen zusammengesucht und in die Tasche gestopft habe.
Pünktlich steige ich ins Auto, meine Eltern bringen mich zum Bahnhof. “Passiert das gerade wirklich?” frage ich mich, doch irgendwie bin ich mir der Situation nicht bewusst. Ich dachte immer, dass spätestens jetzt mich die Aufregung und die Angst überrollen würden, doch irgendwie fühle ich mich normal. Trotz Flugangst oder Panik vor den giftigen Tieren ist meine einzige Sorge, ob Jenny rechtzeitig aufgestanden ist. Denn bis hier hin hat sie sich noch nicht gemeldet. Wir fahren in die Straße rein, wo sie wohnt und dort entdecke ich das Auto ihrer Eltern. Glück gehabt kein last Minute Schock. Ab hier fühlt es sich an, wie eine gewöhnliche Autofahrt. Das Thema Australien spielt erstmal in meinem Kopf keine große Rolle.
Abschied
Am Bahnhof steht der ICE bereits an den Gleisen und der Abschied von unseren Familien steht bevor. Wir werden unsere Eltern ein Jahr lang nicht sehen, keine gemeinsamen Essen, kein Gemecker über unaufgeräumte Wäsche und keine persönliche Präsenz, auf die wir immer zählen können, wenn wir mal den falschen Weg einschlagen. Wir werden in Ort und Zeit getrennt sein und mir ist bewusst, dass wir unsere Familien sehr vermissen werden. Auch der Abschied ist weniger dramatisch als gedacht. Der Abschied passiert einfach, es fühlt sich einfach noch nicht echt an. Es ist wie ein Traum, irgendwann wacht man in seinem gewohntem Umfeld auf. Nach den letzten Umarmungen steigen wir ein und suchen uns zwei freie Sitzplätze. Zur Belustigung aller bleibe ich immer wieder mit meinem Backpack an den Sitzen des ICEs hängen. Wir winken unseren Eltern, der Zug kommt ins Rollen, es geht jetzt los. Mit jeder Minute nähren wir uns nun Australien, unserem großen Traum.
DB… wie immer!
Im Zug passiert zunächst nichts spannendes, denn unsere Müdigkeit lässt um diese Uhrzeit grüßen. Jenny schläft eine Runde und ich ruhe mich einfach aus. Für die Mitte der Fahrt haben wir geplant den Online Check-In für unseren Flug durchzuführen. Dies erweist sich als nicht so einfach, da das System zunächst meine Email Adresse nicht erkennt und dann uns aus dem System schmeißt, weil es zu lange gedauert hat. Nach mehrfachen Versuchen sind wir drin. Bis hier hin ist die Zugfahrt ziemlich gut verlaufen, doch irgendwo ist ein ICE auf einen anderen Zug aufgefahren und fast vor unserem Ziel ging es wieder los mit der deutschen Bahn. Unser Zug fährt drei zusätzliche Stationen an und sammelt alle Gäste des anderen ICEs auf. Was passiert? Verspätung! An sich kein Problem, doch am letzten Bahnhof vor dem Flughafen bleibt der Zug stehen und der Zugführer verkündet, dass einige Wagons überfüllt seien und es solange nicht weitergehen würde bis die Verteilung besser sei. Nach 20 Minuten Stillstand und keiner Bewegung in unserem überfülltem Wagon fährt der Zug dann doch weiter. Schließlich sind wir endlich am Flughafen angekommen und wir sind unserem Ziel wieder ein Schritt näher.
Begeisterung über den Wolken
Im Flughafen suchen wir zunächst unser Gate. Es ist ein ewiges Laufen, lange Gänge, rauf und dann wieder runter. Zu zweit in einem so riesigen Flughafen und doch lassen wir es auf uns zu kommen und arbeiten alles nacheinander ab. Unsere Wanderrucksäcke sind schwer und wir sind froh als wir sie endlich abgeben dürfen. Uns wird mitgegeben, dass wir um 10 Uhr an der letzten Station vor dem Flug da sein sollen. Dann suchen wir uns einen schönen Platz und frühstücken. Um kurz nach 9 Uhr brechen wir auf. An der Gepäckkontrolle dann der Schock, eine unendlich lange Schlange. Es fühlt sich an wie ein Stau bei dem man kaum vorwärts kommt. Eine Ewigkeit später sind wir durch und dann wird hektisch. Es kommt der letzte Aufruf für den Flug nach Katar, denn es ist schon deutlich nach 10. Schnell laufen wir durch die letzten Gänge. Glücklicherweise schaffen wir es auf dem letzten Drücker in unser Flugzeug.
Abflug
Wir sitzen auf unseren Plätzen und warten darauf, dass es endlich losgeht. Spätestens jetzt müsste die Panik über uns herfallen, zumindest war dies meine Erwartung, doch wieder nichts, als würde das hier gar nicht stattfinden. Eigentlich hab ich riesen Flugangst, doch ich fühle mich wohl, als könnte mir nichts und niemand was anhaben. Endlich sind alle Hürden überwunden und der Flug, der wird nun zum Teil unseres Abenteuers. Inzwischen hat sich das Flugzeug in Position gebracht und jetzt ist sie da die Angst. Meine rechte Hand hält Jennys Hand und meine Linke krallt sich die Tüte mit der Decke. Dieses mal wird die Tüte an meine Flugangst glauben. Das Flugzeug wird immer schneller, wir heben ab und lassen unsere Heimat, unseren Stress und unsere Komfortzone zurück. Auf Wiedersehen Deutschland!
Erster Flug
Mir wurde immer gesagt: “Wenn du Flugangst hast, dann schau während des Fluges nicht aus dem Fenster.” Dies gilt nicht für mich, denn der Blick aus dem Fenster ist das Abenteuer des Fluges, denn die Landschaften sind eine Kunst für sich. Der Flug der eigentlich so schlimm sein sollte war zwar anstrengend, aber auch wunderschön zugleich. Leider erwischt Jenny die Reiseübelkeit, weswegen sie viel schläft. Ich beobachte lange die Landschaften. Die deutschen Städte werden zu Bergen und die Berge werden zu Wüste, bis schließlich die Wüste zum Meer wird. Es ist einfach beeindruckend wie groß der Planet und wie klein der Mensch ist. Der Mensch kann an jeder Reise wachsen, wenn er das mitnimmt, was die Erde zu bieten hat. Nach der Beobachtung gibt es Essen und dabei schaue ich mir einen Film an. Der erste Flug geht überraschend schnell vorbei und wir landen in Katar. Die Landung ist einfach überragend, denn wir merken nicht einmal, dass wir bereits auf dem Boden aufgesetzt sind. Erster Flug geschafft, doch der große 13 Stunden Flug steht uns noch bevor.
Flughafen in Katar
In Katar werden alle Hürden schnell überwunden. Nach allen Kontrollstationen, suchen wir uns einen Platz setzten uns hin und warten auf den nächsten Flug. Mir wird so langsam bewusst, wie nah wir unserem Traum schon stehen. Ein langer Flug und wir sind da. Mit einem einzigen Flug sind die Gedanken und Träume real. Vorfreude durchdringt mich mit einem leichten Beigeschmack von Angst, denn Australien, das neue Leben dort und die Selbständigkeit sind große Unbekannte und wir wissen nicht, ob sie schön oder schrecklich werden. Am Flughafen laufen wir ein bisschen in unserem Wartebereich rum, da wir wissen, dass wir mit dem nächsten Flug eine Weile zu sitze haben. Der Flughafen ist ziemlich spannend. Zum einen gibt es riesige Holzfiguren, die so zugeschnitten sind, dass sie als Spielplatz für Kinder genutzt werden können und zum anderen fährt dort die Tram durch den Flughafen durch. Das Besondere an der Tram ist, dass sie ohne Fahrer fährt. Wir staunen immer wieder auf unserem Weg nach Australien weil sich unser Erfahrungsschatz mit einem Schlag um Welten vergrößert.
Der letzte Flug bis zum Ziel
Der zweite Flug beginnt. Es ist Abend und bereits dunkel. Ich schaue erneut aus dem Fenster und sehe Doha voller Lichter, die mir entgegen strahlen. Irgendwie außergewöhnlich und abstoßend zu gleich. Auf der einen Seite der ganze Glanz den diese Stadt ausstrahlt und auf der anderen Seite dieses unnatürliche und überfüllte Licht. Die ganze Stadt strahlt, jede Ecke drängt sich auf und sagt, dass sie die Schönste sei. Das Gesamtbild hinterlässt ein komisches Gefühl in mir, denn die Natur war mir eindeutig lieber. Lange halte ich mich nicht mehr damit auf, denn ich bin früh aufgestanden und habe bisher kein einziges Mal geschlafen, jetzt ist die perfekte Gelegenheit dafür.
Kleiner Schock in der Nacht
Ich wache auf, es ist immer noch dunkel. Ich blicke aus dem Fenster und wir fliegen gerade über Wasser. Schließlich versuche ich weiter zu schlafen, doch es werden alle geweckt, damit jeder seinen Sicherheitsgurt umlegen kann. Die Flugangst kommt wieder durch, doch nach 5 Minuten dürfen wir die Gurte wieder lösen ohne das etwas geschehen ist. Nun versuchen wir noch eine Runde zu schlafen. Später wache ich erneut auf und sehe, wie die Nacht den Himmel schleichend verlässt und der Tag sich immer mehr ausbreitet. Es ist faszinierend zwischen Tag und Nacht zu sein. Eine Seite ist total dunkel und die andere hell. In diesem Moment ist es möglich Zeit zu fühlen, denn du siehst, wie ein neuer Tag die Welt begrüßt, während der Alte sich still und heimlich verabschiedet. Nach diesem Erlebnis esse ich etwas und schaue einen Film.
Land in Sicht!
Jetzt wird es spannend. Nach Stunden über Wasser ist das Festland in Sicht, Australien ist in Sicht. Ab hier werde ich zum Kind, welches zum ersten Mal eine Zaubershow sieht. Ein atemberaubender Moment, das Land unserer Träume liegt bereits unter uns. Australien ist riesig, denn wir fliegen stundenlang über Australien und meistens sind die Landschaften nahezu menschenleer. Es ist einfach die pure Natur und sie wechselt ständig ihre Kleider. Erst ist es eine wunderschöne Küste, dann eine riesige Wüste, die durch verschiedene Rottöne durchzogen wird und schließlich große Grünflächen. Es fühlt sich an wie auf einem anderen Planeten, der nur darauf wartet von uns entdeckt zu werden. Die Zeit vergeht schnell und der Landeanflug beginnt. Diese Landung ist unschön, denn wir fliegen gefühlt Kreise und selbst mir wird dieses mal schlecht. Am Ende sind wir beide froh sobald das Flugzeug steht.
Wir sind endlich da am Ort jahrelanger Träume und doch sind wir noch nicht da, denn die eigentliche Reise beginnt erst jetzt. Hier beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Hello Australia!
~ Daniel