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Drei Monate hinter der Bar

Hintergrund

Im Sep­tem­ber 2020 befan­den wir uns in ein­er schwieri­gen Sit­u­a­tion. Nach einem hal­ben Jahr Arbeit auf ein­er Milch­farm, woll­ten wir unsere Reise durch Aus­tralien fort­set­zten. Coro­na hat­te andere Pläne und es gab ständig Lock­downs in Vic­to­ria. Lei­der kon­nten wir auch nicht so ein­fach den Bun­desstaat ver­lassen, weil die Gren­zen der anderen Bun­desstaat­en zu gemacht hat­ten. Ein neuer Job war der Schlüs­sel um eine Son­der­genehmi­gung zu kriegen und so lan­de­ten wir in der kleinen Stadt Pin­na­roo hin­ter der Bar vom Pin­na­roo Hotel. Dafür nah­men wir eine eigen­fi­nanzierte Quar­an­täne in Kauf. Bis Wei­h­nacht­en woll­ten wir arbeit­en, ver­längerten den Zeitraum dann doch bis Mitte Jan­u­ar. So vergin­gen ruck zuck drei Monate hin­ter der Bar.

Jeder Anfang ist schwer

Als wir in Pin­na­roo anka­men, hat­ten wir ger­ade erst unsere Coro­n­aimp­fun­gen hin­ter uns gebracht und waren ziem­lich erschöpft. Die Arbeit hin­ter der Bar ging von null auf hun­dert los. Einige Stun­den nach unser­er Ankun­ft arbeit­eten wir schon. Die ersten Tage waren wir wie aufgescheuchte Hüh­n­er. Kom­plett über­fordert mit Namen, der Kasse, der Küche und eini­gen Kun­den. Es dauerte unge­fähr fünf Tage bis wir den Bogen raus hat­ten. Den­noch gab es selb­st Monate später noch viele neue Sit­u­a­tion die uns zwis­chen­durch raus warfen.

Pinnaroo Hotel

Ein Reiz des Jobs war die Chal­lange an uns selb­st. Arbeit­srou­tienen kann jed­er schnell ler­nen, doch wir woll­ten nach ziem­lich stumpfen Far­mjobs eine Her­aus­forderung. Deswe­gen sucht­en wir uns einen Job aus, der uns in unter­schiedliche Sit­u­a­tio­nen mit Men­schen brachte, der unser Englisch oder auch unser Ver­hal­ten forderte. Die Menge der Inter­ak­tio­nen mit unter­schiedlichen Men­schen war mit das schwierig­ste am Anfang. Doch auch dies pack­ten wir nach ein­er gewis­sen Zeit. Irgend­wann hast du raus, wer wie drauf ist und wie du mit wem umgehst. Selb­st am Ende gab es Leute, wo ich nicht den Hauch ein­er Ahnung hat­te, was sie mir erzählten, aber ich kan­nte sie inzwis­chen soweit, dass ich wusste, was ich antworten kon­nte ohne im Detail zu wis­sen, was sie mir erzählen.

Unsere Aufgaben

Haupt­säch­lich waren wir für die Bar zuständig. Dabei gab es eine Tag- und eine Abend­schicht. Die Tagschicht soll die Bar fer­tig machen, putzen, Kühlschränke und Kühlräume auf­füllen und Kun­den bedi­enen. Oft gab es jedoch wenig bis keine Kun­den während der Tagschicht. Außer­dem leerten wir oft das Geld der Spieleau­to­mat­en. Wenn wir alles fer­tig hat­ten und nichts zu tun hat­ten, dann wurde eine Fein­säu­berung gemacht. Fol­glich sucht­en wir uns irgen­deinen Mist, denn wir noch gründlich­er sauber macht­en wie die Barstühle.

Während der Abend­schicht lag der Fokus auf den Kun­den. Dementsprechend gab es wenig Nebe­nauf­gaben und das heilige Mantra war, dass es ja keine leeren Gläs­er geben darf. Abends kon­nten wir uns viel mit den Leuten unter­hal­ten. Zusät­zlich hat­te Abends die Küche auf. So mussten wir auch Essens­bestel­lun­gen aufnehmen oder Jen­ny musste zwis­chen­durch in der Küche aushelfen, da es dort einen Per­sonal­man­gel gab.

Neben der Bar gab es kleine Neben­jobs, wie den Müll zur Müllde­ponie brin­gen, die Hotelz­im­mer sauber machen oder die Getränkebestel­lun­gen der Bar von den Palet­ten ins Lager räu­men. Die Neben­jobs waren schon manch­mal nervige Auf­gaben, aber extra Geld nah­men wir gerne mit. Ins beson­dere den Recy­cling-Müll weg zu brin­gen war sehr unan­genehm. Hier mussten wir auf dem Recy­cling­hof den Müll sortieren, bevor es Pfand gab. Da die Leute immer einen Schluck in der Dose oder Flasche lassen, war die Sortier­erei eher eklig.

Eine Schwärmerei

Ähn­lich wie in der Liebe zwis­chen zwei Men­schen, entwick­el­ten wir rel­a­tiv schnell eine Schwärmerei für diesen Job. Es gab den Moment, wo wir das erste Mal echt­en Spaß bei der Arbeit hat­ten. Unser Leben war ziem­lich entspan­nt, wir arbeit­eten wenig und ver­di­en­ten viel. Ein Teil des ganzen ist auch der Charme dieser Stadt und dieser Men­schen. Ob wir zum Essen ein­ge­laden wur­den oder mal mit jeman­dem und seinen Hun­den spazieren gegan­gen sind, das Leben war per­sön­lich­er und her­zlich­er. Obwohl wir fest­stell­ten, dass wir nicht darin aufge­hen per­ma­nent von Men­schen umgeben zu sein, war es für eine Zeit ein­fach erfül­lend. Die Kom­bi­na­tion aus Spaß, neuen Ein­drück­en und her­zlichen Men­schen ließ uns träumen.

Billiardtisch

Ins­ge­samt nehmen wir unglaublich viele schöne Erin­nerun­gen mit. Wir gaben einen Judokurs in der Stadt, wir erkun­de­ten die Umge­bung mit sehr schö­nen Con­ser­va­tion Parks, wir hat­ten ein gutes Ver­ständ­nis mit unserem Chef so, dass wir mit ihm Spiele spiel­ten, mal­ten oder bowlen gin­gen, wir hat­ten einige echt inter­es­sante Unter­hal­tun­gen mit den ver­schieden­sten Men­schen und wir hat­ten ver­rück­te Nächte in der Bar. All das in so kurz­er Zeit war eine große Bere­icherung für uns.

Probleme

Die Euphorie hielt eine Weile an, doch irgend­wann fing es an zu bröck­eln. An ver­schiede­nen Stellen ergaben sich für uns Prob­leme, die unseren Wun­sch zur Weit­er­reise bekräftigten.

Generell macht­en uns die Arbeit­szeit­en etwas zu schaf­fen. Während unser­er Reise sind wir es gewohnt sehr früh auf zu ste­hen. Doch mit der Bar sind wir einige Stun­den vor unser­er Auf­ste­hzeit erst schlafen gegan­gen. Ich schätze die Müdigkeit an sich wäre kein Prob­lem gewe­sen, aber mit dem Haupt­prob­lem kom­biniert, waren wir schneller gereizt.

Wo Men­schen auf einan­der tre­f­fen kann Rei­bung entste­hen und genau dies ist passiert mit einem Pärchen, welch­es eine Woche nach uns eben­falls an der Bar anf­ing. Wir hat­ten echt Schwierigkeit­en mit ihnen klar zu kom­men, beson­ders, weil wir mit ihnen lebten und arbeit­eten. An sich waren wir rel­a­tiv neu­tral mit einan­der, bis sie anfin­gen um Arbeitsstun­den zu kämpfen. An dieser Stelle wurde es anstren­gend und der Spaß ging an vie­len Tagen ver­loren. Zusät­zlich mussten wir ler­nen mit sehr unter­schiedlichen Arbeitsweise zu leben. Manch­mal fühlte es sich so an als wür­den sie gegen uns arbeit­en. Einige Kon­flik­te nah­men dem Job die Leichtigkeit weg.

Ein Kreis schließt sich

Wenn eins bei uns nicht hin­haut, dann sind es Abschlüsse. An den meis­ten Orten, wo wir gin­gen, gab es einen bit­teren Beigeschmack, so auch dieses mal. Bei unser­er Let­zen Schicht gab es einen Stro­maus­fall, welch­er unseren Arbeit­stag sehr schnell verkürzte. Ein Gewit­ter legte alles lahm für einige Stun­den. Zu dem Zeit­punkt, dacht­en wir, dass wir noch min­destens eine Schicht hät­ten. Doch am näch­sten Tag wurde ich pos­i­tiv auf Coro­na getestet und statt einige Tage später zu gehen, begaben wir und alle Mitar­beit­er vom Hotel uns in Quar­an­täne. Fol­glich musste die Bar für eine Woche schließen und unser schön­er Abschluss und unsere Reise­pläne wur­den wie so häu­fig durcheinan­der gewor­fen. So schloss sich der Kreis, denn der Job fing mit ein­er Quar­an­täne an und so endete der Job auch.

Fazit

Die drei Monate gin­gen sehr schnell vor­bei und dies ist bekan­ntlich ein Zeichen für eine rel­a­tiv gute Zeit. Wir hat­ten einige schlechte Momente, aber am Ende sind es mehr gute als schlechte Erin­nerun­gen die wir mit­nehmen. Die drei Monate hin­ter der Bar haben spaß gemacht, aber jet­zt sind wir wieder bere­it für neue Abenteuer.

 

~ Daniel

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