Hintergrund
Seit Anfang 2020 steckt die Welt in der Coronakrise. Jeder ist unterschiedlich stark betroffen, doch nahezu jeder musste schon die Auswirkungen dieser Pandemie tragen. Das Leben wie wir es kannten existiert in dieser Form nicht mehr. Ich zähle uns zu den Menschen, die Glück im Unglück hatten. Seit Oktober 2019 versuchen wir Australien zu bereisen und aus der Krise machten wir für uns eine Chance. Geplant war ein Jahr jetzt gehen wir schon bald in unser drittes und bisher hatte das Virus uns überwiegend verschont. Einige Lockdowns und Planänderungen forderten uns, aber nichts, was wir nicht schafften. Doch nach sechs Monaten Farmarbeit wurde es frustrierend für uns. Bereits im letzten Monat auf der Farm startete ein Lockdown, der nicht mehr enden sollte. Über Monate standen wir um 3.45 Uhr auf und unsere einzige Motivation war die Weiterreise nach der Farmzeit. Pustekuchen! Die Zahlen steigen und wir mussten uns nach der Arbeit in einem Airbnb einmieten. Für den Moment fühlten sich die Monate der Arbeit verschenkt an. Wir fürchteten eine Entwicklung wie in dem benachbarten Bundesstaat New South Wales, dort gibt es schon seit einer Ewigkeit den Lockdown, jedoch ohne jegliche Verbesserung.
Die Zeit im Airbnb
Wir genossen die freie Zeit nach der Arbeit, doch es lag eine finstere Wolke über uns. Irgendwie fühlte es sich so an, als wäre die Welt gegen uns. So ging es auch wieder auf Jobsuche, wir wollten einfach nicht zuschauen wie sich unser Geld verabschieden würde. Die Jobsuche lief mäßig und wir kamen auch nur langsam in Schwung. Unsere zwei Workoutstunden verbrachten wir jeden Tag draußen, doch in einem Umkreis von fünf Kilometern fingen wir an, nach nur einigen Tagen, die selben Kreise zu ziehen. Unsere tägliche Route führte meistens zum See der Stadt. Diesen umrundeten wir mehrfach.
Nach einem holprigen Start kamen wir langsam ins Rollen. Im Airbnb durften wir den Garten benutzen, so konnten wir unsere Zeit draußen ausweiten. Zwar fühlte es sich manchmal so an, als würde uns die Decke auf den Kopf fallen, doch wir kämpften dagegen an und fingen an mehr Hobbys nach zu gehen. Die Stimmung stieg, doch ein Ereignis veränderte alles.
Tag 1 der Freiheit
Ich versuche jeden Tag um 5 Uhr morgens aufzustehen. An einem Morgen checkte ich noch komplett verschlafen die Zahlen in unserem Bundesstaat. Völlig unerwartet fand ich eine Schlagzeile, die unsere Freiheit erklärte. Der Lockdown in den regionalen Gebieten wurde fallen gelassen. Ich hätte fast vor Freude gejubelt, doch dies war meine Gelegenheit Jenny zu überraschen. Ich wusste auch sofort, wo wir hinfahren würden.
Meine große Schwäche ist es Überraschungen geheim zu halten. Ich war aufgedreht an diesem Morgen, aber ich konnte mich beherrschen. So packte ich alles zusammen und nahm Jenny einfach mit. Als sie sah, wie weit wir fuhren, fürchtete sie schon, dass wir Regeln brechen würden, aber ich schwieg und brachte sie an den richtigen Ort.
Der schönste Ort in diesem Moment
Während der Autofahrt stieg die Aufregung. Nach einem nicht endenden Lockdown, waren die Gefühle überwältigend. Alles in mir schreite “Freiheit”. Es dauerte nur einige Minuten, bis wir einen Emu sahen, einfach auf einer Weide entlang unseres Weges.
In 30 Minuten erreichten wir unser Ziel. Ein Ort, welcher für uns einer Wohlfühloase gleicht: Das Meer! Monate lang waren wir nicht mehr am Meer. Egal, wo wir sind, das Meer holt uns immer ab und macht uns glücklich. Im Moment der Ankunft ließ ich alle Fakten zum Ende des Lockdowns raus. Jetzt konnten wir beide diesen Tag feiern und genießen. Die Ankunft am Strand fühlte sich fast so schön, wie der Beginn unserer Reise an. Wir wussten nicht, wann wir das nächste Mal wieder am Meer sein würden, doch an diesem Tag war es so weit.
Am Golden Beach schauten wir uns erst ein altes Schiffswrack an, dann gingen wir einfach spazieren. Der Tag war grau, windig und kalt, aber es war ein Genuss über den Sand zu laufen und den frischen Wind des Meeres auf der Haut zu spüren. Wir hätten uns keinen schöneren Start in unsere Freiheit denken können. Irgendwie fühlte ich Erleichterung, aber auch Furcht, dass die Freiheit nicht andauern würde. Deswegen beschlossen wir jede Sekunde zu leben, solange uns diese Tür offen stand. So machten wir Bilder, schauten uns das Meer an und tanzten auf dem weichen Sand. So fing ein neuer Abschnitt des Lebens für uns an. Frei von Arbeit und frei in unserer Bewegung. Zwar können wir den Bundesstaat noch nicht verlassen, aber die Möglichkeiten haben sich deutlich erweitert.
Der Rest des Tages
Die Vielzahl der Optionen waren überwältigend. Nachdem unsere Herzen gefüllt mit einem magischen Stranderlebnis waren, konnten wir weiterziehen. Unser nächstes Ziel war eine größere Stadt in der Umgebung. Dort wollten wir die Möglichkeit zum Bummeln und Einkaufen genießen. Eine Weile machte dies Spaß, doch wir gehören in die Natur. Dies war die Erkenntnis nach der Stadtrunde. Mit einem fantastischen Tag im Gepäck fuhren wir zurück zur Unterkunft. Dort planten wir die nächsten Abenteuer und unsere Weiterreise in Victoria.
Fazit
Dieser Tag war ein Neustart für uns, wie ein Sprung in eine größere und aufregendere Welt. Nach sechs Monaten Arbeit und zahlreichen Tagen im Lockdown, war es ein unbeschreiblicher erster Tag der Freiheit. Außerdem ist uns seit je her eine wichtige Erkenntnis wieder präsent. Man wertschätzt erst etwas, wenn es nicht mehr da ist. Deswegen versuchen wir uns unseres Glückes jeden Tag bewusst zu sein, denn Freiheit und Leben sind nicht selbstverständlich!
~ Daniel