Hintergrund
Fünf Jahre reisen ist ein kleiner Meilenstein für uns. Nach meinem Schulabschluss und Jennys Bachelor ging es im Oktober 2019 für uns nach Australien. Der Plan war das klassische Gap Year und danach zurück nach Deutschland und studieren. Jetzt, fünf Jahre später, sind wir in Südafrika als Pangolin (Schuppentier) Eltern unterwegs und in Deutschland waren wir lediglich drei Monate. Statt eines Studiums bog unser Weg in eine andere Richtung ab.
Wendepunkt Corona
Kann eine weltweite Pandemie irgendwelche positiven Folgen für jemanden haben, wenn ja dann waren wir die wenigen Menschen, deren Leben in eine bessere Richtung gelenkt wurde. Nicht falsch verstehen, diese schreckliche Zeit für die Menschen mit all den Verlusten war nichts Gutes, aber für unser Leben ergab sich ein neues Bild. Als Corona kam, waren wir in Perth und innerhalb von Wochen wurde alles zu gemacht und das Leben als Backpacker im Auto wurde unmöglich. Auf die schnelle fanden wir eine Lösung, bei der unsere Not ausgenutzt wurde. Eine Frau bot uns ein Zimmer an und als Gegenleistung sollten wir auf ihr Kind aufpassen. Als ihr klar wurde, dass unsere Situation wenig Spielraum für uns über ließ, forderte sie Geld für das Zimmer. Notgedrungen nahmen wir das Angebot an und zogen in einen chaotischen Haushalt mit Menschen, die von Anfang an alle Coronaregeln ignorierten.
Wir waren sehr unglücklich und Australien baute Druck auf die Backpacker auf, damit diese das Land verließen. An dieser Stelle waren wir kurz davor dieser Forderung nachzukommen. Einen Versuch wagten wir noch und wir fragten, ob wir bei einem vergangenen Housesitting, wo wir ohne Corona noch einmal einen Monat verbracht hätten, in das Gästezimmer, welches so groß war wie eine kleine Wohnung, ziehen könnten. Sie machten uns ein faires Angebot, um die zusätzlichen Kosten zu decken und so zogen wir in die kleine Wohnung. Unsere Kosten für die Wohnung wären bis zum Ende unseres Jahres gedeckt gewesen, wenn wir es gebraucht hätten.
In dieser Zeit entwickelten wir das Fundament für unsere fünf Jahre reisen. Wir hörten auf unser Bauchgefühl und merkten, dass wir nicht fertig waren mit dieser Reise. So krempelten wir die Ärmel hoch und suchten uns einen Farmjob, der unser Visum um ein weiteres Jahr verlängern konnte (Zu den Working Holiday Visas findest du einen Text hier). Diese Entscheidung war die Erste von vielen, die aus unseren Herzen kam. Damals passierte es noch unbewusst, denn die Idee für das weitere Jahr kam aus dem Nichts beim Einkaufen. In den folgenden Jahren entwickelte sich ein Bewusstsein für unsere Entscheidungen und unser Leben. In dieser harten Zeit lernten wir Hindernisse und Krisen selbständig zu lösen, denn zuvor im Leben waren wir nie auf uns allein gestellt.
Aus einem werden vier Jahre
In der Coronazeit änderten sich die Regeln stetig, aber in Australien kehrte mehrheitlich die Normalität schnell zurück. Während der Rest der Welt eingeschränkt blieb, konnten wir unsere Reise schon im Oktober 2020 fortsetzen. Innerhalb von zwei Wochen fuhren wir entlang der Westküste Australiens. Irgendwann kam uns in einem Roadhouse im Outback die Idee, dass wir doch auch Mal als Aupairs arbeiten könnten. So landeten wir als Aupairs im heißen Port Hedland. Von dort aus merkten wir, dass uns die Zeit für unser Australienabenteuer immer noch nicht reichte und wir beschlossen unser Visum erneut über einen Job zu verlängern. Langsam näherten wir uns einer großen Erkenntnis. Wir wollten unser Leben anders leben.
Statt ein Leben lang zu arbeiten, sich Gegenstände leisten zu können und ein bis zwei Mal im Jahr Urlaub zu machen, wollten wir Abenteuer. Mit jedem weiteren Jahr in Australien distanzierten wir uns von unserer alten Lebensvorstellung. Arbeit sollte nicht unser Leben werden, sondern ein Mittel zum Zweck. Arbeit sollte uns ermöglichen die außergewöhnlichsten Träume zu verwirklichen. Statt unser verdientes Geld in ein Haus oder teuere Dinge zu stecken, wollen wir lieber weniger besitzen und dafür das Geld ins Tauchen, Skydiven, Wandern und so viele andere Erlebnisse stecken. Materialistisches geht irgendwann kaputt, aber die Erinnerungen und Glück sind für die Ewigkeit.
Unser zweites Jahr in Australien verbrachten wir zu 90 Prozent mit Arbeit, sechs Monate fürs nächste Visum und weitere Monate für das Aupair und einem Job, den wir wegen einer Coronaentwicklung annahmen. Die unterschiedlichen Jobs gaben uns auch viele neue Eindrücke. Nach einem Horrorjob auf einer Farm, wo wir Kühe melkten, lernten wir Arbeitgeber besser auszuwählen. Auf der zweiten Milchfarm wurden wir sehr herzlich behandelt und dort lernten wir, dass Kühe — so wie alle Tiere — über Charakter verfügen und dass es keine Rechtfertigung dafür gibt diese Tiere zu misshandeln und auszunutzen. Daraus resultierte, dass wir vegan wurden. Bei unserem Job in einer Outback Bar, verbesserte sich unser Englisch, weil wir einen sehr kommunikativen Job hatten. Später in den Minen lernten wir uns durch harte Zeiten durchzubeißen, um etwas Größeres zu erreichen.
In unserem dritten Jahr ist unsere Reisezeit gekommen. Coronaregeln gab es kaum noch und wir hatten uns mit einem weiteren Visum ein weiteres Jahr beschert und genügend Geld angespart. Wie legten uns einen Landcruiser (Geländewagen) zu, um weitere Träume zu erfüllen, die ab vom Schuss lagen. Innerhalb von acht Monaten hatten wir die Zeit unseres Lebens. Natürlich besteht eine Reise aus Hoch- und Tiefpunkten, aber diese Phase ist für mich als eine der schönsten Zeiten meines Lebens in Erinnerung geblieben. Zum ersten Mal bewanderten wir eine Strecke für mehrere Tage mit Übernachtungen, wir fanden viele Schnabeltiere auf Tasmanien, wir haben uns verlobt, wir haben den Uluru gesehen, einen Tauchschein gemacht, den nördlichsten Punkt des australischen Festlands erreicht, Salzwasserkrokodile beobachtet und magische Nächte unter dem schönsten Sternenhimmel im Outback verbracht.
Schließlich erfuhren wir, das Australien den Backpackern, die während Corona in Australien geblieben sind, ein weiteres Visum schenkte. So gingen wir in unser viertes Jahr mit einer Idee. Unser letztes Jahr sollte uns die Tür für die Zukunft öffnen. Es gab immer noch wenige Backpacker im Land und so bekamen wir einen sehr gut bezahlten Job in den Minen. Wir lebten in Perth, aber flogen für 14 Tage Arbeit ins Outback. Dieses Geld finanzierte uns viele weitere Träume, wie eine Ranger Ausbildung in Südafrika. Unser letztes Australienjahr war zwar voll mit Arbeit, aber in unseren freien Wochen holten wir das Maximum mit weiteren Reisen raus. Außerdem heirateten wir an unserem Lieblingsstrand und sahen so Teile unserer Familie nach über drei Jahren wieder. Ein ganz großes Highlight aus fünf Jahren reisen. Im Oktober 2023 ging es dann zu Besuch nach Deutschland.
Singapur und Island
Selbst nach 4 Jahren Australien, war unsere Reiselust nicht im Ansatz weniger geworden, im Gegenteil, wenn wir eine Möglichkeit sahen, dann musste sie genutzt werden. Unsere erste Chance fanden wir auf unserem Flug nach Deutschland. Für den günstigsten Flug nahmen wir einen 22 Stunden langen Umstieg in Singapur in Kauf. Statt im Flughafen zu warten, nahmen wir das Abenteuer in Angriff. In diesen 22 Stunden sahen wir sehr viel, waren im Meer schwimmen und schleifen fast im öffentlichen Nahverkehr ein. Obwohl es sehr anstrengend war, hatte sich das Abenteuer gelohnt.
Unsere zweite Möglichkeit sahen wir in der Jahreszeit. Wenn du schon im Winter in Europa bist, dann hast du die Möglichkeit den Traum Nordlichter zu sehen zu verwirklichen. Wir zögerten nicht lange und nach einigen Wochen in Deutschland flogen wir nur mit Handgepäck nach Island. Dort mieteten wir uns ein Auto und bereisten so viel wie möglich in knapp einer Woche. In dieser Zeit machten wir eine Gletscherwanderung, sahen die Nordlichter bei ‑10 Grad Celsius in einer heißen Quelle und entdeckten eine neue faszinierende Landschaft. Außerdem verbrachten wir die ersten Tage mit meiner Schwester und ihrem Freund, was die ganze Erfahrung noch viel schöner machte.
Deutschland
In unseren 3 Monaten in Deutschland mischten wir die Abenteuer und Familienzeit. Nach so vielen Jahren in Australien, war die Freude riesig alle wieder zu sehen. Das Gefühl, dass sich vieles, aber gleichzeitig auch weniges verändert hat war sehr komisch. Letztendlich war es aber schön wieder Zeit mit dem Menschen zu verbringen, die wir lieben.
Unsere kleinen Reisen blieben nicht aus. Zwei Trips gingen in den Norden und viel zu viele Reisen gingen nach Berlin, da wir dort zu Stammkunden in der südafrikanischen Botschaft wurden, weil das Visum recht komplex war.
Südafrika
Unser fünftes Jahr der fünf Jahre reisen verbrachten wir überwiegend in Südafrika, wo wir eine Ausbildung zum Safari Guide machten. Nach einem halben Jahr des Trainings mit vielen erfüllten Träumen, aber auch vielen Schattenseiten, ging es zu unserem Praktikum als Pangolin (Schuppentier)Walker. Hier fanden wir wieder neuen Antrieb und jetzt arbeiten wir mit all unserer Leidenschaft daran die gewilderten Pangolins wieder fit für die Natur zu kriegen. An diesem Punkt ist es einfach unglaublich wo uns dieser Weg hingebracht hat.
Simbabwe, Botswana, Krüger
In unserem Südafrika Jahr hatten wir auch zwischendurch freie Wochen. Diese nutzten wir um die Victoria Falls in Simbabwe, dem Chobe Nationalpark und das Okavango Delta in Botswana, sowie den Krüger Nationalpark zu bereisen. Unser Leben steht einfach niemals still.
Fazit
Fünf Jahre reisen ist ein schöner Meilenstein in unserer Geschichte. In dieser Zeit haben wir unseren eigenen Weg gefunden und wir konnten unglaublich viel erleben. Demnächst wird sich einiges verändern, aber ich bin mir sicher, dass auch die nächsten fünf Jahre nicht langweilig werden. Am Ende des Tages schlagen unsere Herzen für unsere Träume und wir werden keine Möglichkeit ungenutzt lassen.
~Daniel