Ende des letzten Jahres bekam ich die Chance ein Interview mit Rick Fenny durchzuführen. Er ist nicht nur schon seit knapp 50 Jahren ein Tierarzt im Nordwesten von Australien, sondern er war auch der Tierarzt von dem berühmten Hund Red Dog. Rick Fenny begleitete den legenderen Hund bis zum Tode. Red Dog ist als reisender und herrenloser Hund bekannt geworden. Über ihn gibt es einige Filme und Bücher. (Mehr Informationen zu Red Dog folgen.)
Red Dog war aber nur ein Teil von einer sehr großen Karriere von Rick Fenny. Als reisender Vet war er unentberlich, weil er oft der einzige Vet war, den Viehhalter in abgelgenen Gebieten zu Gesicht bekamen. Mit der Zeit integrierte Fenny Vet-Hospitale in den abgelegenen Städten des Nordwestens. Selbst nach 50 Jahren Arbeit kann er seine Leidenschaft nicht niederlegen. Folglich ist er heute immer noch aktiv und hat inzwischen seine eigene TV-Show (Dessert Vets) und arbeitet an einer Buchreihe über sein Leben. Leider verpassten wir uns während unserer Reise, deswegen führten wir das Interview telefonisch durch. Es folgt eine sinngemäße
Übersetzung des Interviews:
Daniel: Der Beruf des Tierarztes gilt nicht gerade als einfachster Beruf, warum wolltest du Vet werden?
Rick Fenny: Wahrscheinlich ist dies auf meinen Hintergrund zurück zu führen, in meinem Buch beschreibe ich dies genauer. Ich bin auf dem Land aufgewachsen. Dabei war ich immer von Tieren umgeben. Ich und die Jungs waren immer draußen. Folglich war das der logische Schritt für mich.
D: Was war für dich das schwierigste Hindernis auf deinem Weg zum Vet?
R: Das Schlimmste für mich war, dass ich nach Queensland gehen musste, da es keine Vet-Kurse in Western Australia gab. In Queensland war ich das ganze Jahr über getrennt von meiner Familie. Damals waren die Tagesflüge viel zu teuer. Dementsprechend hat man das einfach nicht gemacht und das für fünf Jahre. Außerdem war ich nicht der beste Schüler, doch ich genoss es als der praktische Teil kam. Das war viel besser und interesannter. Wir hatten damals nicht viel Geld, aber ich bekam ein Stipendium bei der Barbara Berger Culture in Western Australien. Das bedeutete für mich, dass ich für 5 Jahre im Westen arbeiten sollte. Deswegen wurde es Kimberley. Mit 30 machte ich meinen Abschluss und zog in den Nord-Westen von Australien, weil ich dort zuvor meinen ersten Job hatte. Außerdem sah ich viel Potential in Pilbara.
D: Als Tierarzt sieht man oft wie nah sich Leben und Tod sind. Wie gehst du damit um, wenn einer deiner Patienten stirbt?
R: Eine gute Frage. Als ich jünger war, war die Verantwortung und der Druck größer, weil es mehr Arbeit gab. Es war sehr hart, aber ich habe das Temperament, um damit umzugehen. Außerdem bestritt ich viele Wege, um zu lernen, wie man damit umgeht und ich folge meinen Instinkten. Es gibt unterschiedliche Typen von Instinkten. Ein Completer erledigt jeden Job sofort und vollständig. Es gibt noch den Introviser, welcher sich nicht an Perfektion verrückt machen lässt. Ich bin ein Introviser. Viele Menschen, welche vom Typ her Completer sind sollten keine Vets werden, weil man nie die Perfektion in diesem Job erreichen kann. Manche Menschen geben ihr Geld für ihre Haustiere aus, aber manchmal kann man ihre Probleme nicht mehr beheben. Ich bin froh, dass ich kein Perfektionist bin. Für Perfektionisten ist es echt nicht leicht, aber für mich schon, weil ich weiß, dass wenn ich etwas nicht kann, dass ich in der Lage dazu bin etwas abzugeben an Menschen, die es können. Das ist in Ordnung für mich. Ich war schon immer jemand mit Temperament in meiner Persönlichkeit und ich hatte die nötigen Instinkte, um ein Tierarzt zu sein. Deswegen genieße ich die Arbeit als Vet selbst nach 50 Jahren noch. Vor diesem Anruf, sprach ich noch mit einem Klienten. Ich arbeite hart, nicht mehr so hart wie früher, weil ich jetzt auch noch in die TV Branche reingerutscht bin. Diese Arbeit ist leichter und ich arbeite viel mit Menschen. Ich mag die Arbeit mit Menschen.
D: Welche einzigartigen Erfahrungen hast du als reisender Vet gemacht?
R: Ich schätze das ist das fantastische an der Vetpraxis und dem herumreisen, man sieht alle möglichen Menschen von überall und die unterschiedlichsten Tiere, von Pferden über Katzen und Hunden und sehr viele wilde Tiere. Ich arbeite mit allem. Das macht es interessant für mich. Ich mag es sehr ein Tierarzt zu sein. Das Schlimmste ist es in irgendeiner Stadt zu sitzen und den ganzen Tag Katzen und Hunde zu behandeln. Dies ist langweilig für mich. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich jede Arbeit gemacht hatte, die mir über den Weg kam, ich bin nicht besonders gut in speziellen Sachen, wie bereits erwähnt. Ich genieße die Vielfältigkeit. Dies macht es besonders. Und dieses Jahr machte ich all die (Pferde-) Renn Sachen. Dabei traf ich Rennleute, Stationsleute, Farmer und einfach Menschen. Dies ist sehr besonders für mich, weil Leute aus kleinen Orten wie Shark Bay die Arbeit mehr wertschätzen, weil sie einen sehr langen Weg bis zum nächsten Tierarzt haben. Letztendlich gibt es bessere Leute, als mich, aber ich versuche die einfachen Sachen zu machen und nicht all zu perfektionistisch zu sein. Das sind die Dinge: Varianz und viele kleine Orte. Eine weitere gute Sache ist meine TV Show. Ich kann weiterhin Tiere behandeln, weiterhin Menschen treffen und ein neuer spannender Pfad hat sich mir eröffnet. Staffel 1 war erfolgreich, Staffel 2 läuft und Staffel 3 ist in Planung. Du solltest es dir anschauen.
D: Heutzutage spezialsiert man sich als Vet, zumindest trifft man in Deutschland die Entscheidung zwischen Klein- und Großtieren. Du hast jedoch sehr viele unterschiedliche Tiere behandelt sowohl Hunde als auch Vieh. Wie kam es dazu? Hast du alles umfassend in deinem Studium gelernt oder dir die Sachen einfach angeeignet?
R: Das Meiste kam mit der Erfahrung. Damals war unsere Gruppe eine der Ersten, welche viel über die Arbeit mit Kleintieren lernte. Das Meiste an der Universität war auf die Produktionsindustrie, also Schafs- oder Viehindustrie ausgerichtet, alles andere war außergewöhnlich. In meinen ersten fünf Jahren arbeitete ich mit Vieh in Kimberley, danach nahm ich Kleintierjobs auf, welche mir über den Weg kamen, jedoch war dies nicht auf einem hohen Level. In der heutigen Zeit sind die Unis auf einem höheren Niveau und ich denke du hast Recht, dass man sich auf das Eine oder Andere spezialisiert. Ich war immer ein Allrounder, der alles wahrscheinlich über die Praxis machte. Es gab nicht viel Geld für Vieh, nicht viel Geld für Pferde und überhaupt kein Geld für Wildtiere und so weiter, aber Menschen kümmern sich um ihre Haustiere, Hunde und Katzen. Folglich war ich mehr ein Hunde und Katzen Vet, aus Buisnessgründen. Meine meiste praktische Erfahrung habe ich mit Kleintieren, aber ich habe schon immer alles gemacht, denn ich bin ein Oldschool- Vet, der alles machen musste, weil Städte wie Broome oder Derby haben tausende von Meilen mit nichts in jede Richtung, da muss man einfach alles machen. Ich traf mal jemanden, der hieß Tom, der musste mindestens tausend Kilometer fahren, um etwas zu erreichen, deswegen machte er auch einfach alles. Du musst kein Perfektionist sein und einfach dein Bestes versuchen.
D: Du bist bereits seit ungefähr 48 Jahren Vet, was sind die größten Unterschiede im Beruf zwischen 1971 und 2020?
R: Nächstes Jahr sind es tatsächlich schon 50 Jahre. Damals 1971 versuchten wir Produktionsvets zu sein, also schauten wir nach Schafen und Vieh. Wir waren die erste Gruppe, die anfing mehr als das zu machen. Damals kümmerten sich die Menschen um ihre Hunde und Katzen nicht, es gab sehr viele Krankheiten, viele starben oder wurden erschossen oder wie auch immer. Der größte Unterschied ist die Humanisierung der Tiere und Menschen, damals hatten die Leute kein Geld, um es für ihre Tiere auszugeben. Dementsprechend wurde es nicht gemacht.
D: Welche Neuheiten (Technologien) erleichtern dir das Leben als Vet?
R: Die Komunikation ist die größte Neuerung. Handys und Laptops machen das Leben ein wenig leichter. Außerdem bessere Medikamente. Da gibt es viele Änderungen, die uns nutzen.
D: Was treibt dich an in so einem Alter weiterhin so aktiv zu sein?
R: Wie bereits erwähnt, bleibe ich durch die TV-Show relevant. Wir gehen da raus, um neue Geschichten für Wüstenvets zu kriegen. Außerdem arbeite ich an meinen Büchern. Ich schätze ich genieße es Menschen und Tiere zu treffen, weil Tiere über viele Jahre sehr gut zu mir waren. Tiere sind seit 50 Jahren mein Beruf. Ich habe ein fantastisches Leben und eine fantastische Karriere, wo ich auch mit Menschen interagiere. Ich schätze ich komme mit Tieren sehr gut klar, verbringe viel Zeit mit ihnen und ich habe ein gutes Gehirn für die Kumunikation mit Tieren. Wir kommunizieren miteinander und ich kann sie beruhigen ohne ein Wort zu sprechen. Tiere, insbesondere Hunde, mögen mich. Nur ein Hund biss mich über all die Jahre, aber grundsätzlich komme ich mit Tieren gut klar und sie mit mir. Die Komunikation benutze ich ständig, besonders bei Hunden. Ich glaube daran, dass wir alle dazu fähig sind, aber wir benutzen dies nicht oft. Darüber schrieb ich in meinem Buch ein kleines Kapitel.
D: Was würdest du mit deiner langen Berufserfahrung jemandem empfehlen, der Vet werden möchte? Gibt es irgendeinen essenzielen Tipp, denn du hast?
R: Schau, ich denke man sollte sein wirkliches Interesse definieren. Die Sache ist, seine Instinkte zu fühlen. Die entscheiden, ob das etwas für dich ist. Außerdem sollte man ein Set von starken Werten haben. Man sollte eine gute Moral haben, wenn nicht, dann sollte man in ein Buissnes gehen, wo man nicht mit Menschen oder Tieren arbeitet. Leider schauen dort die Universitäten nicht so genau hin. Sie sollten auch hinter die Noten, auf den Menschen, gucken. In der Medizin wurde dies früher gemacht. Sie testeten die Schüler, um ihre Haltung zu sehen. Unis sollten auch potentielle Tierärzte scannen. Stelle sicher, dass du die Werte und die Moral hast, sonst verschwendest du einfach deine Zeit.
D: Jetzt kommen wir zu dem Red Dog Part des Interviews. Wann hast du das erste mal Red Dog getroffen?
R: Es war in Karratha, jemand brachte den Hund rein. Ein Hund mit fünf Würmern. Jemand brachte ihn rein, ich behandelte ihn und paar Tage später brachte eine andere Person diesen Hund rein. Irgendwie war ich wie „Ahh, diesen Hund kenne ich doch!“ Sie brachten ihn wegen den Würmern rein. Er bekam Medikamenten, aber er blieb nicht so lange. Es passierte einige Male, dass Leute ihn zu mir brachten. Red Dog bemerkte, dass ich ihm mit seinen Problemen und Verletzungen half, deswegen entschied er mich alleine zu besuchen ohne jemanden. Er brachte sich quasi selbst und er kam manchmal für kleine Gespräche oder damit ich mir seinen Fuß anschauen konnte, um ihm dann zu helfen. Eines Tages war er in der Gegend und wollte, dass ich ihn in meinem Auto mitnehme, also bot ich ihm an, dass ich ihn in meinen Wagen hebe. Red Dog fing an, mich und mein Auto wiederzuerkennen. Ich bin aber wahrscheinlich nur einer von vielen hunderten Personen, die ihn kannten. Er behandelte mich wie einen Freund. Die Entscheidung ob man ein Freund oder ein Fremder war traf er selbst und mich suchte er als Freund aus.
D: Wie kann man sich Red Dog vorstellen, was für eine Persönlichkeit hatte er?
R: Red Dog war wie jeder einzelne Mann der dort (die Mienen) damals arbeitete. Er war ein Alphamännchen, nicht kastriert und ein Streuner, wie die meisten Männer dort. Sie waren einfache Leute, die tranken und kämpften. Er wurde genau so und ich war auch so. Red Dog mochte auch Familien, aber er dachte vielmehr, er sein einer von ihnen.
D: Es gibt einige außergewöhnliche Geschichten über Red Dog, wie dass er bis nach Perth gewandert ist. Was glaubst du, entspricht der Wahrheit und was nicht?
R: Das ist wahr. Red Dog war überall. Er wurde in Tom Price, Broome und Port Hedland aufgesammelt, meistens war er in Karratha, noch lieber in Dampier. In meinem vierten Buch werde ich mehr Geschichten erzählen (…)
D: 1979 ist Red Dog gestorben, woran starb er?
R: Er hatte einen Hirnschaden, verursacht durch einen Giftköder. Es stand nicht gut um ihn, aber ich hielt ihn am Leben. Am Ende war der Hirnschaden zu schlimm und so verendete er.
D: Hatte Red Dog eine realistische Chance zu überleben?
R: Ich war optimistisch. Ich war schon immer optimistisch. Meistens gebe ich nicht auf und so hielt ich ihn länger am Leben, als ich sollte. Ich hoffte es würde besser werden, jedoch wurde es nur noch schlechter.
D: Fühltest du einen gewaltigen Druck bei der Behandlung oder war es eine Behandlung wie jede andere?
R: Es gab sehr viel Druck, denn es war ein Hund der Gemeinde und ich nahm die Verantwortung in meine Hände. Ich konnte ihn nicht retten, aber es war das Beste für ihn. Aber ja der Druck war ziemlich groß.
D: Was hast du für dich aus den Begegnungen und Behandlungen mit Red Dog gelernt?
R: Nun, damals war die Ermittlung der Diagnose noch nicht so gut. Ich war auf mich allein gestellt, es gab keinen Experten, an den ich mich wenden konnten. Ich hätte eine Praxis gebraucht, ich hatte nur mein Haus in Roebourne und ein Auto. Das waren noch die früheren Zeiten, wo es keine Hospitale gab. Ich war ziemlich frustriert, dass ich nur einfache Behandlungen machen konnte. Deswegen hob ich das auf eine neue Stufe. Damit andere Leute eine Behandlung auf einem höheren Level genießen konnten.
D: Letzte Frage. Du hattest mehrere Red Kelpies in deinem Leben. Hatte das einen besonderen Grund?
R: Weil ich diese Hunde am Besten verstehe. Ihre Art ist die intellegenteste Art von Hunden, weil sie zur Arbeit gingen. Außerdem hatte ich eine spezielle Verbindung zu ihnen. Ich hatte ungefähr zehn Red Dogs in meinem Leben. Ich hab immernoch einen und sie bekam kürzlich Welpen. Diese verkaufe ich an andere Leute. Jeder in der Umgebung stimmt dem zu, dass sie die schlausten Hunde sind. Das ist es.
D: Vielen Dank für das Interview.