Ist der Busch noch wild?

Hintergrund

Für ein Jahr sind wir nach Südafri­ka gereist, um eine Safari Guide Aus­bil­dung zu absolvieren. Wir woll­ten die Erfahrung im Busch, Skills um ohne Hil­f­s­mit­tel klar zu kom­men und haupt­säch­lich der men­schlichen Welt entkom­men. Schon in Aus­tralien merk­ten wir, dass wir uns zur Natur hinge­zo­gen fühlten. Es dauerte jedoch nicht lange bis die Ent­täuschung und die Real­ität ein­set­zten. Diese Gedanken gel­ten nur für unsere Erfahrun­gen in Südafri­ka, wir haben in Botswana deut­lich wildere Eck­en gese­hen. Also ist der Busch noch wild?

Karongwe, Löwen und Geparden

Unser Aben­teuer fing in Karong­we an und schon dort stell­ten wir fest, dass viele Tiere dort kein natür­lich­es Leben führten. Karong­wes Land­schaft ist eher dicht bewach­sen, dementsprechend wür­den dort eigentlich keine Gepar­den leben. Jene brauchen offene Flächen um erfol­gre­ich zu jagen. Nun hat der Men­sch entsch­ieden, dass Gepar­den ziem­lich cool sind, also wur­den sie in das umzäunte Reser­vat gepackt und sie müssen sich den Gegeben­heit­en anpassen. Fol­glich hal­ten sich die Gepar­den haupt­säch­lich am Zaun des Reser­vat auf, weil sie so ihre Beute in den Zaun jagen können.

Das Löwen­rudel hat keine Inter­ak­tion mit anderen Löwen. In der Natur bleiben die stärk­sten Gene erhal­ten, indem der stärk­ste männliche Löwe ein Ter­ri­to­ri­um inne hält oder sich jenes erobert. Wenn der Löwe ein neues Ter­ri­to­ri­um erobert, ist dieser der Stärk­ste und entsprechend mit den besten Genen aus­ges­tat­tet. Wenn es Nach­wuchs vom besiegten Löwen gibt, wird dieser umge­bracht, damit der neue dom­i­nante Löwe schneller seinen Nach­wuchs mit seinen Genen zeu­gen kann.

In Karong­we hat der männliche Löwe keine Konkur­renz, auch wenn er seine besten Tage schon gese­hen hat, wird ihm nie­mand den Rang ablaufen. Solche Aspek­te erscheinen von außen nicht zu wichtig, aber der Men­sch manip­uliert den natür­lichen Ablauf der Tiere. Diese Lebe­we­sen sind nicht frei und für mich fühlte es sich an wie eine wildere Ver­sion von einem Zoo. Übri­gens wur­den auch Wild­hunde ver­sucht für dieses Schema, doch sie sind durch die Zäune abge­hauen. Was würdest du sagen, ist der Busch noch wild?


Pflanzen- und Tiermanagement

Der Men­sch denkt, er wäre eine Got­theit im Bezug auf die Natur. Er manip­uliert die Natur und weil durch die Manip­u­la­tion Folgeschä­den entste­hen, wer­den diese vom Men­schen durch noch mehr Ein­griffe ver­sucht zu ret­ten. Ein Beispiel, eine natür­liche Fläche wird eingezäunt vom Men­schen für ein Reser­vat, welch­es für Safaris genutzt wird. In die Natur wer­den kün­stliche Wasser­löch­er inte­gri­ert, damit die Tiere bei Dürre nicht ver­dursten, aber auch damit es mehr Orte gibt, wo Touris­ten Tiere gezeigt wer­den kön­nen, weil sich diese bekan­ntlich eher am Wass­er aufhalten.

Ein­fach­er Zugang zu Wass­er auf einen lim­i­tierten Raum führt dazu, dass es den Ele­fan­ten sehr gut geht. So gut, dass sie reich­lich Nach­wuchs kriegen. Ele­fan­ten sind sehr zer­störerische Lebe­we­sen. In der echt­en Natur ist es ziem­lich essen­ziell, dass sie zer­störerisch sind. Sie räu­men den Busch auf und weil sie Bäume fällen haben andere Tiere, die nicht an die Blät­ter der Bäume kom­men zusät­zliche Nahrung. In der Natur hat alles einen Grund und Zusam­men­hang. Viele Ele­fan­ten in einem begren­zten Raum zer­stören die ganze Veg­e­ta­tion, weil sie in ihrem Bewe­gungsra­dius eingeschränkt sind.

Elefanten

Fol­glich beschließt der Men­sch es sind “zu viele” Ele­fan­ten. Die Lösung, wir müssen Ele­fan­ten verkaufen. Der Hak­en, andere Reser­vate haben genau das gle­iche Prob­lem. Zu viel ist zu viel, also müssen Ele­fan­ten umge­bracht wer­den, was zu Schä­den inner­halb der Herde führt. Die Her­den funk­tion­ieren, weil die ältesten Ele­fan­tenkühe jene führen, sie haben all das wichtige Wis­sen. Außer­dem helfen sich die Ele­fan­ten in der Herde gegen­seit­ig mit dem Nach­wuchs. Müt­ter, die zum ersten Mal Nach­wuchs bekom­men, ler­nen häu­fig von den älteren Ele­fan­tenkühen, wie man seinen Nach­wuchs erzieht. Nehmen wir an, der Men­sch bringt Ele­fan­ten ein­er Herde um, sehr wahrschein­lich wer­den die nach­fol­gende Gen­er­a­tio­nen ver­hal­tensauf­fäl­lig wer­den. Bedeutet, dass Ele­fan­ten vielle­icht aggres­siv­er sein wer­den und wehe ein Tier krümmt dem Men­schen ein Haar. “Aggres­sive” Ele­fan­ten wer­den vom Men­schen eben­falls umge­bracht. Der Men­sch kreiert Prob­leme, ver­sucht sie durch mehr Ein­griff in die Natur zu lösen und kreiert noch mehr Probleme.

Das gle­iche The­ma spielt sich auch mit Pflanzen ab, der Men­sch brachte nicht ein­heimis­che Pflanzen in den Busch, die zur Pest wer­den und dann unter anderem durch Brände im Busch unter Kon­trolle gebracht wer­den müssen. Klingt alles nicht so natür­lich. Das klingt nach einem defin­i­tiv­en Nein zu der Frage, ist der Busch noch wild?

Doppelmoral

Als Got­theit über den Plan­eten entschei­den wir wer leben darf und wer nicht, wer lei­den muss und wer nicht. Wenn der Men­sch die “Über­pop­u­la­tion” der Tiere löst oder ein­fach Bock hat sich männlich zu fühlen und sich ein Löwenkopf über den Kamin zu hän­gen, dann dür­fen die Lebe­we­sen gemordet wer­den, die genau so wie wir Men­schen fühlen kön­nen und eine Seele haben. Wenn aber eine Hyäne im Kampf mit anderen Hyä­nen ver­wun­det wird, so stark, dass sie ster­ben wird, dann ist es abso­lut in Ord­nung den Tier­arzt zu rufen, um die Hyä­nen einzuschläfern und sie von ihrem Leid zu erlösen. Die Willkür der Entschei­dun­gen muss man nicht ver­ste­hen, der Men­sch ist ein lau­nis­ch­er Gott.

Besitz

Die wilden Tiere des Busches sind eigentlich nur Besitztümer von irgendwelchen Men­schen, die das Land besitzen. Wenn jemand genug Geld bezahlt kann fast jedes Lebe­we­sen zum Abschuss freigegeben wer­den. Wenn du nur ein wenig Zeit mit ein­er Ele­fan­ten­herde, ein­er Büf­fel­herde oder einem Löwen­rudel ver­bringst, dann merkst du, dass sie alle Per­sön­lichkeit­en haben, weil sie Indi­viduen und kein Besitz sind. Wilde Tiere sind für mich freie Tiere und nicht der Besitz von Menschen.

Zäune

Die Zäune sind der Tod der Wild­nis. Sie schränken natür­liche Migra­tionsrouten von Tieren ein und sie ermor­den Tiere, weil sie unter Strom geset­zt sind. Bedro­hte Tiere, wie das am meis­ten gewil­derte Tier der Welt, das Schup­pen­tier, ster­ben an den elek­tro­n­is­chen Zäunen, weil sie so kon­stru­iert sind, dass sie auf genau ihrer Höhe sind. Der Grund für elek­tro­n­is­che Zäune sind Ver­sicherun­gen. Wenn dein Besitz aus deinem Reser­vat abhaut, weil du keinen elek­trischen Zaun hat­test, wird keine Ver­sicherung den Schaden übernehmen. Diese Ver­sicherun­gen erlauben keine Mod­i­fika­tio­nen am Zaun, die das Schup­pen­tier ret­ten würden.

Jagd

In der Natur wird gejagt, der Stärk­ste über­lebt. Deswe­gen gibt es Men­schen, die denken, dass es natür­lich wäre mit ein­er Waffe Tiere schießen zu gehen. Der Grund, der Men­sch braucht es um zu über­leben, ach nein der Grund ist Pres­tige, eine Trophäe. Die Real­ität ist noch schlim­mer. Neben vie­len unethis­chen Jagdmeth­o­d­en, gibt es sog­ar ethis­che Orte und so sehr ich die Jagd ver­ab­scheue, diese Orte wer­den teil­weise gebraucht um die soge­nan­nte Natur zu erhal­ten. Manche Orte kön­nen sich nur durch die reichen Idioten finanzieren, wenn sie nicht die Option der Jagd anbi­eten wür­den, dann wür­den sie den Busch durch Farm­land erset­zen. Immer­hin Natur muss sich rentieren.

Real­ität und Fazit

Ist der Busch noch wild? Die Real­ität ist furcht­bar, die Natur ist nicht natür­lich und der Men­sch ist wie so häu­fig die pure Zer­störung. Mir ist bewusst, dass ich diese Real­ität has­se, aber ich kann nicht nur alles kri­tisieren. Am Ende des Tages habe ich keine bessere Lösung, weil die Men­schen im südlichen Afri­ka mit den Tieren benach­bart sind und es Kon­flik­te gibt, die ich nicht nachempfind­en kann, weil ich nicht in dieser Sit­u­a­tion lebe. Das Prob­lem ist, dass die Men­schheit sich selb­st und die Natur zer­stört. “Zu viele” Tiere, nicht wirklich!

Der Men­sch über­bevölk­ert den Plan­eten, zer­stört und engt den Leben­sraum der Tiere ein. Am Ende ziehen die Tiere immer den Kürz­eren, denn für “zu viele” Men­schen wer­den nicht die gle­ichen “Lösun­gen” vorgeschla­gen, da Moral immer so aus­gelegt wird, wie es gebraucht wird. Mein Traum wird es weit­er­hin bleiben natür­liche Orte zu find­en, dafür muss ich noch tiefer suchen, um etwas zu find­en, was noch nicht zu sehr vom Men­schen manip­uliert wurde. Ist der Busch noch wild? Nein, zumin­d­est nicht hier.

~ Daniel

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