Da dieser Text zum Three Capes Track so ausführlich geworden ist haben wir ihn in zwei Teile geteilt. Hier kommst du zum Ersten.
Tag 3
Der dritte Tag versprach einen gigantischen Höhepunkt, Cape Pillar. Doch 19 Kilometer für diesen Tag waren auch ein hartes Stück, was vor uns lag.
Der Morgen fing schon ein wenig unruhig an. Die meisten Wanderer standen nämlich zu unserer gewohnten frühen Zeit auf. Kein Wunder, den die Rangerin hatte noch am Vortag vom Sonnenaufgang in Munro geschwärmt. Während du beim Three Capes Track den Sonnenuntergang bei den Surveyors Hütten bestaunen kannst, ist Munro an der Ostküste und somit siehst du den Sonnenaufgang. Auf jeden Fall waren fast alle schon auf und suchten sich Platz für das Naturspektakel.
Wir überlegten ebenfalls, ob wir uns den Sonnenaufgang anschauen sollten. Als wir die Menge der Menschen sahen, überlegten wir es uns anders. Sonnenaufgänge haben einen entscheidenden Unterschied zu Sonnenuntergängen. Sie sind friedlich, ein Moment der besonderen Ruhe. Meistens erleben wir Sonnenaufgänge nur zu zweit, wenn der Rest der Welt schläft. Deswegen verzichteten wir gerne darauf. Stattdessen nutzten wir die leere Küche, um schneller zu frühstücken und früh los zu wandern. Cape Pillar rief nach uns und wir konnten sehr früh starten.
Cape Pillar
Der Weg zum Cape wurde leichter, weil wir einen Rucksack in Munro zurückließen. Die Strecke für den Tag waren 16 Kilometer zum Cape und wieder zurück und drei weitere Kilometer zur nächsten Hütte, Retakunna. Abwechselnd trugen wir den leichteren Rucksack und wir empfanden ein Wanderhoch.
Die frische Luft umgab uns seit Tagen, ein Ausblick überbot den Nächsten und wir waren in Wanderform. Stück für Stück ließen wir die Strecke hinter uns. An diesem Tag waren wir ganz vorne unterwegs, vor uns war nur der Cape. Mit jedem Schritt steigt die Spannung, wir fühlten uns lebendig, wir sahen die Natur und es war einfach eine geile Zeit. So fit und kräftig fühlte ich mich lange nicht mehr. Es war fast schon so, als könnte ich alles in diesem Moment schaffen. Pausen machten wir nur, wenn sie notwendig waren. Jede Zelle in unseren Körpern wollte diesen Cape endlich erreichen.
Doch es war nicht nur der Cape, der Weg ist das Ziel, sagt man so schön. Vor uns Berge oder der Cape, an den Seiten der wilde Ocean, der mit seinen Wellen gegen stabile Felswände schlägt. Rechts der Weg, den wir bereits zurückgelegt haben mit der Küste und Cape Raoul in der Ferne. Links der Weg, den wir morgen gehen werden, Cape Hauy wartet schon auf uns. Mir fehlen die Worte, um zu beschreiben wie die Summe des Weges sich anfühlte, dass musst du einfach selbst erleben.
Getragen von einem märchenhaften Weg kamen wir an eine Weggabelung. Entweder wir würden als erstes zum Cape laufen oder auf The Blade, ein Lookout für eine hervorragende Aussicht über den gesamten Cape Pillar. Als erstes wollten wir die Spitze von Cape Pillar erreichen. Folglich liefen wir weiter. Dann endlich waren wir dort! Der absolute Höhepunkt des bisherigen Weges. Wir konnten das offene Meer sehen, Tasman Island und auch Cape Hauy. Wow, das war es wert, dies sind die Momente einer Reise, die uns für immer prägen werden.
Zu Fuß erreichten wir den ersten Cape nach insgesamt ungefähr 23 Kilometern als erstes. Wir hatten diesen Moment für uns alleine und es war einfach wunderbar. Die Umgebung war schöner, als jedes Foto, wir schauten uns sehr genau um und genossen einfach den Ausblick. Mit den Augen auf die Tasman Island gerichtet fragten wir uns, wie es wäre auf dieser Insel Zeit zu verbringen, einer Insel wo nur ein Leuchtturm steht und keine Menschenseele lebt. Der Moment hielt noch an, danach machten wir Bilder und brachen auf. Jetzt wollten wir The Blade auch noch voll und ganz genießen. Auf dem Weg begegnete uns die nächste Wanderin und das Timing war perfekt, wir hatten unseren Moment auf dem Cape gehabt, nun sollte sie ihren Moment kriegen.
The Blade
Der Weg zu The Blade war noch ein ordentlicher Happen. Für die beste Aussichten stehst du besser oben, doch nach oben musst du erst noch kommen. Relativ steil ging es hoch und irgendwann ließen wir auch unseren Rucksack auf dem Weg stehen. Oben wurden wir mit einem hammer Ausblick belohnt. The Blade bot uns eine bessere Übersicht als der Endpunkt von Cape Pillar. Der Moment wo du realisierst, was du alles schon gelaufen bist, ist einfach heftig. Wir sahen den Weg, den wir bereits an diesem Tag zurückgelegt hatten, aber auch die Strecke an der Küste der Vortage.
Nicht immer sind wir Freunde davon, solche Momente mit vielen anderen Menschen zu teilen. Nach einer langen Wanderung können wir die Highlights meistens alleine genießen, die Massen bevorzugen Lookouts, die vom Parkplatz schnell erreichbar sind. Doch hier lief jeder diese Strecke und bei The Blade waren wir nicht alleine. Das machte uns nichts, im Gegenteil in diesem Moment war es schön von Menschen umgeben zu sein, die die selben Hürden bewältigten. Inzwischen gab es eine Gruppendynamik und wir freuten uns mit jedem, der die Strecke bewältigte. Wann immer jemand vorbei kam, teilten wir Eindrücke und es stärkte uns das Abenteuer mit einer Gruppe von tollen Menschen zu unternehmen.
Der Weg zurück
Ohne Tiefpunkte wären Höhepunkte nicht so geil. Deswegen gehören sie zum Leben dazu. Nachdem wir Cape Pillar erkundet hatten, mussten wir wieder zurück laufen. Während uns unsere Vorfreude auf dem Hinweg trug, war die Luft auf dem Rückweg komplett raus. Wir wurden langsamer und machten mehr Pausen. Es war okay das Tempo zu ändern, aber nach dem Highlight war die Energie aus unseren Körpern entwichen. Dementsprechend merkten wir jetzt, was unsere Körper in den letzten Tagen bewerkstelligt hatten.
Der Weg zurück zog sich und wir schleppten uns Kilometer für Kilometer. Viele Leute überholten uns auf dem Rückweg und das einzig Bemerkenswerte war die Begegnung mit der zweiten Schlange. Ich lief ein Stück vor und in meiner Erschöpfung bemerkte ich erst relativ langsam, dass eine Schlange über den Weg schlängelte. Dies überraschte mich sehr, den einige Minuten zuvor wurde ich überholt. Die Schlange reagierte also erst jetzt, wo ich vorbei lief. Diese Schlange war schwarz und deutlich länger als die erste Schlange. Ich vermute, dass es eine tasmanische Tigersnake war. Nach einem langen Weg erreichten wir Munro, wo wir eine Mittagspause machten.
Der letzte Rest bis nach Retakunna
Von Munro nach Retakunna waren es noch ungefähr drei Kilometer. Einfach, sollte man meinen, aber diese Strecke war die Hölle. Wieder mit voll beladenen Rucksäcken, zog sich der Weg wie Kaugummi. Schließlich erreichten wir auch die Retakunna Hütten, wo der gewohnte Ablauf auf uns wartete. Anmeldung, Sachen abladen, Schuhe ausziehen und Klamotten lüften. Danach spielten wir wieder Schach und machten uns Essen. Das Briefing von dem Ranger wurde verschoben, weil zwei Wanderinnen noch nicht wieder da waren. Die Beiden trudelten während der Besprechung ein. In dieser Besprechung wurde uns klar, dass dies die letzte Nacht sei, danach würde das Abenteuer enden.
Am letzten Abend gingen wir noch stark in den Austausch mit den anderen Menschen. Es war spannend sich über die Wanderung, aber auch die unterschiedlichen Leben der Menschen, auszutauschen. Dies machten wir auch bis wir Schlafen gingen. Am nächsten Tag mussten wir extra früh raus, weil wir pünktlich zur Abfahrt des Busses da sein wollten. Dieser würde uns von Fortescue Bay wieder nach Port Arthur bringen.
Die Menschen
Wenn viele Menschen das selbe Ziel verfolgen, dann kann eine gewisse Gruppendynamik entstehen. So auch in dieser Gruppe. Wir durften die unterschiedlichsten Menschen kennenlernen und deren Geschichten waren ein Teil des Three Capes Tracks.
Eine Gruppe von drei älteren Männern (60+) wanderte diesen Weg ebenfalls. Sie waren sehr inspirierend, weil sie trotz des Alters immer noch so aktiv waren. Es war immer schön den Drein zu begegnen. Außerdem erfuhren wir, dass einer von ihnen bereits drei Herzinfarkte überlebt hatte. Diese Begegnung hinterließ viel Respekt und Inspiration in uns.
Außerdem lernten wir zwei Australier kennen, die in Deutschland studiert hatten. Folglich sprachen sie uns immer wieder gerne mal auf Deutsch an. Die Gruppe hatte einige Leute, die alleine zum Three Capes Track kamen. Manche von ihnen waren unglaublich schnell und blieben alleine auf dem Weg andere schlossen sich Gruppen an. Dies war sehr spannend zu beobachten wie sich die Gruppen im Laufe der Zeit bildeten.
Zu guter Letzt muss noch ein Australier aus Melbourne erwähnt werden. Ihn trafen wir schon in Port Arthur und er ist einer dieser Menschen, die mit der eigenen Ausstrahlung andere Leute anstecken. Egal wann und wo, er machte immer gute Laune. Er konnte mit allen sehr gut umgehen und es war schön, dass eine Person die Gruppenmoral noch ein Stück besser machte.
Tag 4
Die Retakunna Hütten liegen im Wald. Folglich kein Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang. Dennoch war morgens wieder viel los. Am letzten Tag wollten viele früh los, damit jeder den Bus erwischte. Ähnlich wie bei der Anreise gab es einen frühen Bus und einen späteren Bus. Wer den ersten Bus kriegen wollte stand früh auf und legte früh los. Wir nahmen Abschied von den Hütten mit gemischten Gefühlen.
Heute würde das Abenteuer enden und wir würden wieder nach Hobart ins Hostel fahren, auf der anderen Seite freuten wir uns auf richtiges Essen und die Weiterreise auf Tasmanien. Doch zurück zum Weg, denn an diesem Tag stand der Berg vor der Tür. Jeder fürchtete den vierten Tag aufgrund von Mount Fortescue. Dies ist der höchste Berg der gesamten Wanderung und der Anstieg beginnt nahezu unmittelbar am Anfang der Strecke von Tag vier. Nach dem Frühstück packten wir ein letztes Mal unsere Wanderrucksäcke und sattelten sie auf. Halleluja los gehts!
Mount Fortescue
Gibt es einen guten Moment, wo der Magen sich entscheiden sollte verstimmt zu sein? Wahrscheinlich nicht, aber auf dem Anstieg des höchsten Berges einer 48 Kilometer Wanderung ist definitiv kein guter Zeitpunkt. Dies war der absolute Tiefpunkt. Der einzige Trost war, dass der Weg weniger schlimm war als befürchtet.
Während der Strecke rauf und runter konnten wir im tiefen Wald immer wieder Blicke auf Cape Hauy werfen. Dies brachte uns die nötige Motivation, um auf der letzten Etappe zu bestehen. Meine Magenprobleme zwangen mich zu etwas, was ich die letzten Tage vermeiden konnte, etwas was ich ungern erleben wollte. Doch wer tief in der Natur wandert, muss damit leben, dass es keine Klos außerhalb der Hütten gibt. Ins Detail muss ich jetzt nicht gehen, aber angenehm war es nicht. Zumindest solltest du als Wanderer die Regeln für den Klogang im Busch kennen und immer Klopapier dabei haben.
Cape Hauy
Eigentlich dachten wir, dass Mount Fortescue uns komplett auseinander nehmen würde, aber dies lag noch vor uns. Erneut kamen wir bei einer Abzweigung heraus. Nach rechts zu Cape Hauy und nach links zum Endpunkt der Wanderung. Hier konnten wir unsere Wanderrucksäcke wieder zurücklassen und sie nach dem Cape abholen. An dieser Stelle kamen auch ganz viele andere Wanderer von außerhalb dazu, weil Cape Hauy vom Endpunkt unserer Wanderung in einigen Stunden erreichbar ist. Folglich war der Weg sehr voll und es endete das Privileg der begrenzten Menschenmassen. Dennoch waren die Ausblicke erneut von der besten Sorte. Der Weg hingegen war schon fast sadistisch nach solch einer langen Strecke. Im Endeffekt bestand der Weg aus Treppen, die abwechselnd rauf und runter gingen. Auf dem Hinweg wurden wir noch einmal von unserer Motivation gepusht.
Am Ende des Capes staunten wir nicht schlecht. Erneut eine unbeschreiblich meisterhafte Aussicht. Jetzt konnten wir Cape Pillar bestaunen und konnten gar nicht fassen, dass wir am Tag zuvor so weit weg waren. Wir waren stolz auf unsere Leistung.
Ein besonderes Highlight waren The Candlestick und Totem Pole. Dies sind längliche Felsen, die aus dem Wasser raus ragen. Neben dem imposanten Aussehen gibt es auch noch viele Geschichten zu diesen Felsen. Hintergrund dessen sind adrenalindurstige Menschen, die ungesichert diese Felsen hochklettern wollten. Wie du dir denken kannst ist das sehr gefährlich, weil in der Tiefe Wellen gegen den Cape schlagen und ganz viele Felsen aus dem Wasser ragen.
Cape Hauy war ein Highlight für sich, konnte jedoch nicht an Cape Pillar heran kommen. Der Rückweg nahm uns komplett die letzte Energie. Wer glaubt, dass der höchste Berg das Problem ist, der irrt sich. Dies war der schlimmste Abschnitt der Strecke. Keine Ahnung wie, aber irgendwie schafften wir es auch uns hier durch zu quälen.
Der Rest und Fortescue Bay
Nach qualvollen Treppen erreichten wir unsere Rucksäcke. Danach arbeiteten wir uns mit Pausen durch bis zur Endstation. Die letzten Meter waren hart, alles schmerzte und die Treppen hatten es nicht besser gemacht. Aber wir schafften es und trotz der Erschöpfung freuten wir uns, weil wir 48 Kilometer zu Fuß zurückgelegt und somit den Three Capes Track bezwungen hatten. Immer mehr Menschen trudelten am Ziel ein und dann gingen wir mit der Gruppe los, um uns im Wasser abkühlen. Einige Sekunden im Wasser reichten uns, weil tasmanischer Ozean im Süden ziemlich frostig ist. Jetzt warteten wir auf den Bus und ließen die Gefühle über ein gelungenes Abenteuer ausklingen.
Zurück in Port Arthur
Zurück im historischen Zentrum von Port Arthur verabschiedeten sich die Menschen. Manche gingen noch etwas essen, andere fuhren mit dem Auto wieder in die Ferne. Dieses Abenteuer werden wir alle mit uns tragen. Wir warteten auf den Bus nach Hobart und liefen ein wenig rum, sammelten unsere Sachen aus dem Schließfach ein und gammelten uns draußen auf Bänke in der Sonne. Der Three Capes Track war geschafft und wir waren es auch, aber es war ein toller Wahnsinn.
Fazit
Der Three Capes Track stand schon eine Weile auf unserer Bucketliste. Ich bin unglaublich froh, dass wir uns diesen Traum erfüllen konnten. Es war eine Lebenserfahrung, die viel in uns hinterließ. Wir sahen unsere Stärken, einige Schwächen und wozu wir in der Lage sind, wenn wir es wollen. Außerdem ist dieser Ort, besonders Cape Pillar, einer er schönsten Orte, die ich in meinem Leben sehen konnte. Nach dem Three Capes Track passierte etwas Unerwartetes. Statt kompletter Erschöpfung, machten wir weiter und die Mehrtageswanderung war der Startschuss für einen Wandermarathon durch Tasmanien. Erstaunlicher Weise hatten wir nur vom letzten Tag mit den vielen Stufen Muskelkater
Wir können diese Erfahrung den Three Capes Track zu laufen jedem wärmstens empfehlen. Für uns wird es immer eine große Erinnerung unserer Australienreise bleiben.
~ Daniel