Zu unserer Ausbildung in Südafrika gehört auch ein Teil, bei dem wir durch den Busch wandern und dort für zwei Nächte unter freiem Himmel schlafen, ein Wilderness Trail. Daniel war freudig aufgeregt, ich war noch etwas skeptisch.
Die Vorbereitung
Wir bekamen am Vormittag Proviant für den Wilderness Trail ausgeteilt. Dabei handelte es sich um Instantnudeln, Instantporridge, Sojapulver und Cracker. Außerdem erhielten die Menschen, die keinen Rucksack hatten einen großen Wanderrucksack. Wir bekamen pro Team eine Gaskartusche und ein Topfset. Aus der Küche besorgten wir uns Schüsseln und Besteck. Ansonsten gab es noch einen Haufen, der auf die ganze Gruppe aufgeteilt werden sollte, darunter der Gaskocheraufsatz, Mülltüten, Kaffee, Tee, Zucker, Milch, Kekse,…
Wir waren uns nicht sicher, was wir alles einpacken sollten. Natürlich das Essen und pro Person am besten 5 bis 7 Liter Wasser. Wir packten jeder sechs Liter ein. Außerdem Kulturtasche, Schlafsäcke, Matten, Jacken, Schlappen und Kleinzeug, viel Kleinzeug. Die Taschen waren nicht gerade leicht.
Tag 1
Wir verließen das Camp mit Sandwiches im Gepäck. Unsere Gruppe – wir wurden wegen der Größe der Gruppe auf zwei Gruppen aufgeteilt – wurde mit dem Landcruiser rausgefahren zu einem Damm. Das freue uns alle ungemein, da wir eine neue Area erkunden würden. Auf dem Weg zum Wilderness Trail gab es schon einiges zu sehen, unter anderem eine Sabel Antilope, Giraffen, Waterbucks, die am Damm tranken. Das Highlight war ein trinkender Geier. Nie habe ich einen Geier so nah gesehen.
Dann ging es los, alle schnallten ihre Rucksäcke auf, es gab das Pre-Walking-Briefing und ein Foto. Wir wanderten entlang des Damms und über die Dammwand hinein in die Wildnis. Wir würden zwei Nächte im Reserve verbringen, bevor wir wieder ins Camp wandern. Die Strecke an diesem Tag hielt sich in Grenzen. Ganze drei Kilometer bewältigten wir. Ich denke, dass der Instruktor erst sehen wollte, wie gut wir mit den schweren Rucksäcken klarkamen. Auf dem Weg legten wir immer wieder Trinkpausen ein und kamen gegen halb fünf an unserem Schlafplatz an beziehungsweise deklarierten wir eine Lichtung auf einem Hügel als Schlafplatz.
Dann ging der Lernprozess weiter, denn wir setzten PLAN in die Praxis um. PLAN ist ein Akronym für die Herrichtung eines Schlafplatzes draußen in der Wildnis für einen Wilderness Trail. P steht für Position, also ob der Ort offen genug ist, um genug zu sehen, sind Sicherheitspunkte vorhanden, haben wir eine Route für Notfälle und gibt es genug Deckung für Toilettensports. All dies war vorhanden, es gab eine offene Fläche, die groß genug für uns alle, 8 Schüler, einen Lehrer und ein Back-up, war. Es gab aber auch genug Deckung für „komfortable“ Toilettengänge.
Auf einer Seite hatten wir Felsen, die als unser Sicherheitspunkt dienten und da die Fläche offen war bestanden ebenfalls genug Routen, um den Ort im Notfall zu verlassen. L steht für Location, ist die Aussicht gut? Die Aussicht war nicht perfekt, aber wir wären in der Lage den Sonnenuntergang und ‑aufgang zu beobachten. A für Acquisition, gibt es Wasser und Feuerholz? Da wir eben erst das Camp verlassen hatten, hatten wir noch genug Wasser und Feuerholz ließ sich genug finden. N steht für Navigation, wissen wir, wo wir sind und können unseren Standort mitteilen? Das Ganze ist für Notfälle gedacht.
Beim Feuerholz packten alle mit an, das ist eine Regel, dass erst das Camp gemacht wird, bevor sich jeder seinem eigenen Kram widmet. Dazu gehört unter anderem ein Loch zu graben, dass als Feuerstelle dient. Es schien nicht ganz einfach zu sein, aber möglich. Danach entfachten wir besagtes Feuer, was ebenfalls eine unserer Sicherheitsmaßnahmen darstellt. Dieses Feuer würde bis zum Morgen durchbrennen, die Nachtwache hatte es am Leben zu halten. Jeder von uns würde die Nachtwache für 1 Stunde 15 übernehmen.
Schließlich ging es daran sein eigenes Lager aufzubauen. Wir staunten alle nicht schlecht, als wir das Setup unseres Lehrers und Backups sahen. Sie hatten eine Unterlage, auf der sie ihr Camp aufbauten, Matten, darauf Luftmatratzen, Schlafsäcke, Stühle, einen Windschutz zum Kochen usw. Ein bisschen neidisch schauten wir auf unsere Matten, die unsere einzige Unterlage waren und unsere Schlafsäcke. Zudem hatten wir es mal wieder innerhalb weniger Minuten geschafft ein großes Chaos zu veranstalten und unsere Rucksackinhalte systemlos auf unseren Matten zu verteilen. Da wir uns die Kochaufsätze in der Gruppe teilen mussten, fingen wir direkt an Abendessen zu kochen. Es gab 2‑Minuten-Nudeln als Suppe für mich. Daniel bekam das Gleiche, jedoch mit Sojazeug mit Chakalakageschmack. Das Kochen funktionierte erstaunlich gut.
Danach räumten wir auf, also stopften alles, was wir nicht noch brauchen würden zurück in unsere Rucksäcke. Schlafsachen, Kulturtasche, Wasser, Schlafsäcke und Kissen ließen wir draußen. Die gespülten Sachen wanderten auch wieder zurück. Nachdem wir fertig waren mit essen begannen wir Karten zu spielen. Erst Bullshit, dann Maumau und schließlich eine Art Halli-Galli. Es war sehr viel Spaß. Es war super dunkel, abgesehen von den Sternen, dem Feuer und unseren Taschenlampen. Die Zeit verging schnell und schon war es meine Schicht als Nachtwache. Ich machte meine Rundgänge, spielte Karten. Teilweise machte Daniel das, wenn er schon gewonnen hatte. Das Feuer hielt ich erstaunlicherweise erfolgreich am Leben. Nach meiner Schicht machten wir uns fertig und gingen Schlafen. Das war der erste Tag von unserem Wilderness Trail.
Wie Daniel ging merkte ich nicht, nur dass ich unglaublich sehr anfing zu frieren. So sehr, dass ich mich in unserem Doppelschlafsack verkroch und mein Kopf nicht mehr zu sehen war. Ich wusste nicht, dass es so kalt werden konnte… Irgendwann wurde ich wach, kroch raus und blickte mich sehr verschlafen um. Das Feuer brannte noch und drum herum saßen Daniel, unser Lehrer und Backup.
Tag 2
Tag 2 würde unser einziger voller Tag vom Wilderness Trail werden. Wir machten Frühstück, Instantporridge, den ich für Daniel und mich mit Kakaopulver und Zucker aufpeppte. Dazu gab es Kaffee und Tee. Umziehen, fertig machen, zusammenpacken. Irgendwie passte alles nicht mehr so gut wie vorher in die Rucksäcke und das, obwohl wir etwas gegessen und getrunken hatten… Das wird für immer ein Mysterium bleiben.
Wir brachen gegen 8 Uhr auf, was für unsere Verhältnisse reichlich spät ist, sonst geht es spätestens viertel nach sechs los. Wir wollten von unserem Schlafplatz, den wir aufgrund der Impalarufe in der Nacht Impalakopie getauft hatten, Richtung Westen wandern. Daniel war dran mit der Waffe zu laufen, also hielt er das Pre-Walking-Briefing. Auf ging es. Wir fanden einige Spuren in der Nähe unseres Schlafplatzes von Nashörnern, unter anderem ein Baby, einem Hund (wir sind uns nicht ganz sicher, da es hier im Reserve keine Wildhunde gibt), einem Leoparden und jede Menge Antilopenspuren. Wir folgten den Nashornspuren. Schließlich fiel die Entscheidung, dass wir unsere Rucksäcke abstellen würden und ohne weiter gehen. Die Rücksäcke machten zu viel Lärm. Also ging es eine halbe Stunde wandern, um die Nashörner zu finden, leider hatten wir kein Glück und machten eine kurze Pause. Auf unserem weiteren Weg sahen wir Kudus und Warzenschweine.
Da wir alle in einer Reihe hintereinander laufen kann ich häufig nicht sehen, was vorne abgeht. Umso überraschter war ich, als Daniel und unser Backup plötzlich die Position für eine Sichtung einnahmen und uns nach vorne holten. Dabei geht einer von ihnen nach rechts, der andere nach links und wir positionieren uns in einer Reihe nebeneinander zwischen ihnen. Ich sah nichts und wunderte mich, was wir gerade betrachteten. Da flüsterte Daniel mir zu: „Schlafendes Nashorn“. Ich sah es, der Felsen dort hinten hatte Ohren, die sich bewegten! Ganz aufgeregt standen wir dort uns sahen uns dieses Wunder an. Da wurde uns angezeigt, dass es sich um zwei Nashörner handelte.
Nach kurzer wortloser Kommunikation mit unserem Lehrer und Daniel entschied unser Backup, dass es sicher für uns war etwas näher ranzugehen. Sie ging vor, Daniel hinterher und wir folgten. Langsam versuchten wir das trockene Laub zu vermeiden. Unser Lehrer ging entweder ganz hinten oder suchte sich seinen eigenen Weg, so auch hier. Die zweite Person (Backup) kam auf einer offenen Lichtung an, Daniel blieb in einem Baum mit seinem Rucksack stecken, schaffte es aber auch. Unser Lehrer bedeutete uns Schülern einen anderen Weg zu nehmen, was wir taten und endlich ebenfalls die Lichtung erreichten.
Wir blieben eine Weile und entdeckten ein drittes Nashorn. Irgendwann stand eines der Nashörner auf und begann herumzulaufen. Unser Lehrer zeigte an, dass er ein viertes Nashorn sah, was bei allen anderen nur verwirrte Gesichtsausdrücke hervorrief. Wir entschieden, dass es Zeit war wieder zu gehen. So wie es sich gehört führte Daniel uns weg von den Nashörnern, während unser Backup die Stellung hielt.
Die Nashörner konnten uns hören, aber nicht wirklich ausmachen, was wir waren. Das Zweite stand ebenfalls auf. Wir bewegten uns im Schneckentempo, dann wurde entschieden, dass sich immer nur eine Person bewegen durfte, so leise, wie möglich. Daniel wartete einige Meter voraus, wo sich die Gruppe wieder treffen sollte. Manche Personen nahmen sich das leise sein nicht besonders zu Herzen, was letztendlich zum Schluss hatte, dass die Nashörner aufgescheucht wegliefen. Daraufhin kamen alle wieder zurück auf die Lichtung und wir besprachen, was eben geschehen war.
Wir wanderten weiter. Unser Ziel war ein schattiges Plätzchen in der Nähe einer Wasserquelle, so dass wir unsere Vorräte wieder auffüllen konnten. Wir machten eine Pause unter einem großen Baum, während unser Lehrer die Quelle checken ging, leider kein Glück, also machten wir uns auf den Weg den Hügel hinauf zu einem Lookoutpavillon. Leider fanden wir nach diesem Aufstieg auch dort kein Wasser und ließen unser Camp wissen, wo wir waren, so dass sie uns Wasser bringen konnten.
Wir richteten uns wohnlich ein, denn wir würden mehrere Stunden hier verbringen. Zur Mittagszeit war es einfach zu heiß, um zu wandern. Wir kochten uns mal wieder Instantnudeln. Das hieß, dass wir wieder ein großes Chaos veranstalteten, da wir die Inhalte unserer Rucksäcke benötigten. In der Pause passierte wirklich nicht viel. Wir aßen, schliefen und lernten für das anstehende Exam. Das Wasser wurde uns am Anfang der Pause gebracht, so dass wir auch dieses noch nachfüllen konnten.
Kurz vor Ende der Pause entschied eine Person nicht weiter mitwandern zu wollen. So wurde sie zusammen mit dem Wasserkanister abgeholt. Sie hatte vorher schon geschwächelt und dann war ihre Trinkblase undicht, so dass sie keine Lust mehr hatte. Also brachen wir mit einer Person weniger wieder auf.
Unser Weg führte uns den Berg wieder runter. Das war tatsächlich schwieriger als hoch. Generell war die Motivation nach dem anstrengenden Morgen, dem Mittagessen und der langen Pause mit Nickerchen eher gering. Umso mehr freute uns der Vorschlag direkt zum nächsten Schlafplatz zu laufen, dort unsere Rucksäcke abzustellen und ohne noch weiter nach Tieren zu gucken. Es dauerte auch nicht zu lange zu der Drainageline zu kommen, wo wir schlafen wollten. Wir liefen ein ganzes Stück wieder zurück, zu der Lichtung, wo wir die schlafenden Nashörner gesehen hatten. Von dort ging es weiter durch Büsche und um Bäume herum.
Gesagt, getan. Wir kamen an, stellten unsere Rucksäcke ab und liefen noch eine gute halbe Stunde einen Kreis um das Gebiet, hatten leider kein Glück. So gingen wir wieder ein Stück, um Feuerholz zu sammeln, da wir das Holz vor Ort nicht nutzen konnten. Es handelte sich hauptsächlich um Tamboti, wenn du dieses Holz verbrennst, verursacht der süßliche Rauch Durchfall. Das wollten wir auf jeden Fall vermeiden. Unser Lehrer buddelte ein Loch für das Lagerfeuer, während wir mit unserem Backup Holz sammelten. Danach bauten wir wieder unsere Lager für die Nacht.
Diesen Abend entschieden wir, dass die Nachtwache in der umgekehrten Reihenfolge ablaufen sollte und musste zudem 5 Minuten länger sein, da wir eine Person „verloren“ hatten. Also hätte Daniel die zweite Schicht gehabt und ich die Letzte, also tauschten wir kurzerhand. Bevor die Nachtwache überhaupt anfing gab es Essen. Große Überraschung, es waren Instantnudeln, für mich als Suppe und für Daniel mit Sojazeug. Danach spielten wir eine Art Activity, legten uns aber schnell fest, dass wir uns aufs Erklären beschränken. Bei den Begriffen handelte es sich um Charaktere auf bestimmten Bereichen, wie Twighlight oder Disney. Teilweise kamen Charaktere dran, die wir alle nicht kannten.
Da es diese Nacht kälter war und wir alle erschöpft, verschwanden alle ziemlich schnell in ihren Schlafsäcken. Die Sterne waren unglaublich schön und so viele. Die Dunkelheit wurde nur erhellt von unserem Lagerfeuer. Wir schliefen tatsächlich schon ein und ich muss so fest geschlafen haben, dass die Person mit der Nachtwache vor mir, mich mit einem Klaps auf die Stirn weckte…
Also kroch ich aus dem Schlafsack und musste feststellen, dass es verdammt kalt war. Also drehte ich eine Runde mit dem Licht und setzte mich dann auf einen Stamm an Feuer. Es passierte nicht wirklich viel in der Nacht. Einmal gab es ein komisches Geräusch und ich hatte keine Ahnung von welchem Tier es stammen könnte. Also ging ich nachforschen und blieb letztendlich vor unserem Instruktor stehen… Sein Schnarchen klang wie eine Mischung aus Knurren und einer Beatmungsmaschine im Krankenhaus.
Kurz vor dem Schichtwechsel wachte der Nächste auf, also sagt ich ihm, dass er noch 20 Minuten Zeit hatte, also legte er sich wieder hin. Ich weckte ihn 10 Minuten später und fünf Minuten vor Ablöse erneut. Letztendlich blieb ich neben ihm stehen bis er aufgestanden war.
Ich legte mich wieder hin. Meine Ablöse sah aus wie eine Raupe. Er hatte nur den Boden seines Schlafsacks geöffnet, so dass er einigermaßen vorwärts kam. Ich konnte erst nicht einschlafen und schaute abwechselnd zum Feuer und in den Sternenhimmel. Es war wunderschön, aber viel zu kalt, also verkroch ich mich wieder im Schlafsack. Tag 2 vom Wilderness Trail ging zu Ende.
Tag 3
Der Morgen vom Wilderness Trail Tag 3 begann damit, dass wir doch nicht, wie vereinbart, früh geweckt wurden. Irgendwann waren dann alle wach und fingen an einzupacken. Ich verzichtete darauf Frühstück zu machen, da ich nicht genug Zeit gehabt hätte. Im Camp würde es Frühstück geben. Daniel hatte schon Tee und Kaffee gekocht. Unser Instruktor wurde zunehmend genervter, weil es sehr lange dauerte, bis wir endlich loskonnten.
Es war nicht als zu weit, wir machten eine kurze Trinkpause. Trotz der sehr kalten Nächte war es tagsüber ziemlich warm. Ich hatte das Gefühl, dass wir ziemlich durchzogen, um ans Ziel zu kommen. Mir sollte das recht sein, denn es würde eine Toilette und eine Dusche auf mich warten.
Fazit
So ging auch dieses Abenteuer zu Ende. Der Wilderness Trail war es definitiv wert gemacht zu werden. Es hängt vor allem von der Gruppe ab, wie viel Spaß es wird. Es ist ziemlich cool draußen in der Natur mit den wilden Tieren zu schlafen und die Geräusche zu hören.
~ Jenny