Hintergrund
Seit März legt Corona unsere Reise lahm. Daher entschieden wir uns früh dazu einen Job zu finden. Jedoch klappte dies, wegen der Krise Monate lang nicht. Doch die Hartnäckigkeit bei der Jobsuche hatte sich bezahlt gemacht. Wir bekamen ein Angebot auf einer Avocadofarm. Nach einer Besichtigung entschieden wir uns, trotz einiger Mängel, den Job anzunehmen. Unser Ziel war es primär unsere Finanzen aufzubessern und unsere Zeit sinnvoll zu nutzen.
Konflikt vor dem Start
Eine weitere Idee bei unserer Jobsuche war, dass wir mit einem bestimmten Typen von Job ein zweites Visum bekommen könnten. Der Job auf der Avocadofarm erfüllte die Kriterien dafür nicht. Da der Job, nach der Beschreibung des Farmers, in 10 bis 14 Tagen zu erledigen sei, nahmen wir ihn an.
Die Nacht vor dem Startpunkt der Arbeit bekamen wir eine aufwühlende Nachricht. Es gab ein weiteres Jobangebot mit besseren Konditionen und der Aussicht auf das zweite Visum. Leider wollte der Arbeitgeber, dass wir den Job so schnell wie möglich antreten. So entstand ein innerer Konflikt. Auf der einen Seite die Zusage für die Avocadofarm und auf der anderen Seite ein besseres Angebot. Unsere Entscheidung fiel auf die Avocadofarm, weil wir zu unserer Zusage stehen wollten. Einfach fiel es uns nicht, aber zumindest sind wir damit unseren Werten treu geblieben. Ob dies die richtige Entscheidung war…?
Die Farm
Die Avocadofarm liegt im Norden von Perth. Im Vergleich zu anderen Farmen ist diese ziemlich klein, aber auch nicht zu unterschätzen. Dort gib es ungefähr 1200 bis 1300 Avocadobäume. Außerdem gibt es ein großes Haus, wo der Farmer und seine Familie lebt. Dazu kommen große Hütten, wo Fahrzeuge, Werkzeuge und jeglicher Kram zu finden ist. Zusätzlich gibt es einen kleinen Caravan und einen Container, wo seine Arbeiter drin leben. Für die Arbeiter gibt es ein Toilettenhaus, welches in einiger Entfernung von den Schlafbereichen steht.
Wir sollten in den Caravan ziehen. Grundsätzlich ist dieser mit allem ausgestattet, jedoch wurde dieser scheinbar sehr selten gepflegt. Viele Sachen darin waren kaputt oder von Insekten überlaufen. Besonders viele Spinnenweben und Ameisen gab es in dem Caravan. Folglich entschieden wir uns dazu im Auto zu schlafen und uns während unserer freien Zeit im Caravan aufzuhalten. Für die kurze Zeit hätte sich keine große Putzaktion gelohnt. Zudem funktionierte der Staubsauger sowieso nicht.
Unser Job
Unsere Aufgabe auf der Avocadofarm war es die Bäume zu spritzen. Chemikalien (Fungizide) sollen einige Krankheiten von den Bäumen fernhalten.
Um die Bäume zu spritzen mussten wir zunächst spezielle Spritzen mit den Chemikalien auffüllen. Es gab einige hunderte Spritzen. Also dauerte dieser Prozess seine Zeit. Wenn die Spritzen fertig waren, fuhren wir mit einer Art Golfkart auf die Felder, wo die Bäume in Reihen standen. Die Reihen ergaben Sektoren, die uns der Farmer immer vorher zur Orientierung zeigte. Dann ging es zu den Baumstämmen. Dort bohrten wir mit einem Akkuschrauber Löcher in die Stämme (Die Anzahl der Löcher hing von der breite des Stammes und der Menge der Äste ab).
Als nächstes mussten wir die Spritzen in diese Löcher quetschen und reindrehen. Schließlich drückten wir die Flüssigkeit soweit wie möglich Richtung Stamm und verschlossen die Spritzen. Die Spritzen wurden mit einer bestimmten Menge befüllt. Beim fixieren behält die Spritze den Druck bei, den man zuvor beim Reindrücken der Flüssigkeit aufgebaut hatte. Dies machten wir solange bis alle Spritzen in den Bäumen steckten. Nach einer kurzen Pause sollten wir alle wieder rausdrehen und sie für die nächste Runde oder den nächsten Tag fertig machen.
Die ersten Tage
In den ersten Tagen auf der Avocadofarm merkten wir, dass dieser Job uns viel Kraft kosten würde. Dennoch waren wir hoch motiviert. Unser Ziel war es den Job so schnell wie möglich zu beenden, um wieder in unsere Wohnung zu ziehen. Am ersten Tag schafften wir eine komplette Runde. Dies war dem Farmer noch zu langsam. Also hingen wir uns noch mehr rein und verbesserten die Zeit, wo wir die Spritzen in die Bäume steckten um mehr als eine Stunde. Doch auch dies war noch zu langsam.
Von unserem Ziel ließen wir uns dennoch nicht abbringen und so kämpften wir uns durch die Bäume. Es gab dankbare und weniger dankbare Bäume auf der Avocadofarm. Besonders kleine und dicht bewachsene Bäume waren die Hölle. Oft mussten wir unsere Körper durch die Äste quetschen. Nicht selten fletschten uns Äste ins Gesicht oder stachen in den Körper. Nach den ersten zwei Tagen schmerzte uns alles. Handgelenke und Rücken wurden am meisten beansprucht. Immerhin war der Drehmechanismus nicht so einfach. Oftmals mussten wir die Spritzen erst brutal in das Loch kloppen und eine Weile drehen bevor etwas passierte. Schmerzen nahmen unsere Motivation nicht, sie bestärkten den Wunsch diesen Job schnell zu beenden. Das Wochenende dämpfte leider unsere Motivation.
Die Probleme
Leider verlief der Job auf der Avocadofarm, ähnlich wie auf unserer ersten Farm in Adelaide, nicht problemfrei. Mit dem Farmer hatten wir die meisten Probleme, doch wir bemühten uns lange am Ball zu bleiben.
Kommunikation
Nach zwei Tagen der Arbeit waren wir voll darauf eingestimmt diesen Job durch zu hauen. Leider durften wir nicht am Wochenende arbeiten, was in der vorherigen Kommunikation sich anders anhörte. Uns wurde gesagt, dass wir in 10 Tagen bei guter Arbeit fertig sein könnten. Unsere Bemühungen am Wochenende weitermachen zu dürfen wurden ignoriert. Wir fanden uns damit ab, aber die Kommunikationsprobleme häuften sich zunehmend.
Am zweiten Tag arbeiteten wir schneller. Nachdem alle Spritzen gesetzt waren, suchten wir den Farmer, aber fanden ihn nicht. Dementsprechend gingen wir in unsere Pause und hinterließen ihm eine Nachricht. Eigentlich kein Problem, vor allem weil diese Pause im Ablauf abgesprochen war. Doch im Nachhinein hieß es, dass wir hätten mehrere kleine Pausen machen sollen. Folglich sollten wir einen anderen Job machen, Kompost schaufeln und Unkraut ziehen. Der Grund dafür war, dass die Bäume nach 11 Uhr die Flüssigkeit nicht so gut aufnehmen könnten. An anderen Tagen sollten wir nach 11 Uhr weitermachen. Sehr häufig gab es Widersprüche und Kritik, die uns runter zogen.
Wetter
Dieses Problem war ein weiteres Hindernis, während unserer Zeit auf der Avocadofarm. Nach dem Wochenende regnete es täglich. Am Anfang der Woche stürmte es sogar. Die Aufenthaltszeit wollten wir nicht verlängern, also machten wir weiter. Jedoch nahmen wir dafür ein Schwimmbad in unserem Schuhwerk in Kauf. Die Tage wurden härter und die Schmerzen nahmen zu. Zusätzlich fielen einige große Äste von den Bäumen so, dass der Weg zum Stamm oft noch schwerer wurde.
Material
Unsere Arbeit wurde leider auch oft durch das Material verlangsamt. Die Akkus der Akkuschrauber waren sehr alt oder kaputt. Dementsprechend mussten wir oft die Arbeit abbrechen, um von den Feldern zu den Gerätehütten zu fahren. Auch viele Spritzten waren schon angebrochen. Folglich gingen viele während der Arbeit kaputt.
Lichtblicke
Für fast jedes Problem gibt es eine Lösung. Immer wieder versuchten wir den Probleme auf der Avocadofarm mit Lösungen entgegen zu arbeiten. Tatsächlich schafften wir dies ziemlich gut.
Lösungen
Wetter und Schmerzen wurden ignoriert. Wir hatten ein Ziel vor Augen und dies stachelte uns an. Nasse Sachen trockneten wir auf einer Heizung im Caravan. Mit der Zeit verbesserte sich unsere Arbeitszeit so sehr, dass wir erst 1,5 Runden schafften und gegen Ende sogar 2. Negative Kommentare vom Farmer versuchten wir entweder mit einzubeziehen oder zu ignorieren.
Schöne Momente
Zwischendurch gab es dann auch sehr schöne Momente. Feierabend war täglich ein Highlight. Im Caravan genossen wir unsere restlichen Stunden des Tages. Oft schrieben wir am Blog, lasen unsere Bücher oder schauten zusammen Disneyfilme. An einem Morgen sahen wir den bisher schönsten Regenbogen, den wir beide je gesehen hatten. Während unserer Arbeit wurden wir stets vom Hund des Farmers begleitet. Dieser machte uns große Freude. Zunächst war er unauffällig und still, doch wenn wir mit dem Wagen durch die Felder fuhren lief der Hund durch die Gegend, lief im Kreis und freute sich. Sobald der Wagen aus war, legte er sich davor und lauerte darauf, dass es weiter ging. Bei Wind und Wetter begleitete er uns. Morgens, wenn wir aus dem Auto ausstiegen, stand er schon davor uns wartete auf uns. Es war ein schönes Gefühl ihn immer um uns herum zu haben.
Fortschritt
Täglich wurden wir besser, unser Ablauf wurde optimiert und wir ließen unsere Pausen ausfallen, um mehr zu schaffen. Körperlich waren wir oft am Limit, aber wir sahen den Fortschritt den wir täglich machten. Ein Sektor nach dem anderen verschwand und schon bald sahen wir das Ende in Sicht. Eigentlich rechneten wir mit einem baldigen Abschluss der Arbeit auf der Avocadofarm. Kurz vor dem letzten Sektor brach dies leider zusammen…
Ein unschönes Ende
Viele Probleme hatten wir gelöst, doch am Ende wurden wir mit etwas konfrontiert, was uns plötzlich überforderte. Wir sind zwei Schissebüxen. Dennoch versuchten wir uns allen Problemen zu stellen, die diese Reise bisher für uns hatte. An dieser Stelle versagten wir das erste Mal.
Fast waren wir fertig, doch beim vorletzten Sektor wurde es zu viel. Während wir arbeiteten trafen wir das ein oder andere Mal auf große Spinnennetze. Jenny lief einmal fast mit dem Gesicht in eine große Spinne. Trotz unserer Angst vor diesen Tieren machten wir weiter. Leider waren die hinteren Sektoren voll von Netzten und Spinnen. Selbst die breiten Gänge waren überspannt mit den Netzten. Am Anfang machten wir die Netzte weg und zogen weiter durch. Später fuhren wir mit dem Wagen fast in ein Netzt mit einer großen Spinne rein. Die Begegnungen häuften sich und unsere Panik wuchs. Letztendlich, blieb Jenny an einem hängen und eine große rote Spinne kam aus den Bäumen blitzartig auf ihr Netz. Die Panik wuchs über uns hinaus und nach mehreren Versuchen brachen wir die Arbeit ab.
Wir waren nicht stolz darauf, aber die Panik war zu groß. in dem von uns geforderten Tempo hätten wir nicht mehr arbeiten können. Die Konfrontation mit dem Farmer ging schief. Alle paar Minuten wechselte er seine Meinung von verärgert zu verständnisvoll. Dies erschwerte das Ende.
Fazit
Mit Panik und Enttäuschung verließen wir die Farm. Mit etwas Abstand tut es uns immer noch leid, wie dies gekommen ist. Doch wir kannten unsere Grenze vorher nicht. Scheitern ist menschlich. Dies ist eine wichtige Lektion, die wir in der Zeit danach lernen mussten.
Für den Farmer und für uns ging die ganze Sache dennoch nicht schlecht aus. Der Farmer fand direkt Ersatz für den nächsten Tag und wir bekamen unser Gehalt. Letztendlich entschieden wir uns dazu, bei zukünftigen Jobs darauf zu achten, dass sie unsere Grenzen nicht überschreiten. Natürlich ist dieses Land voller Spinnen und Schlangen. Sie dürfen auch da sein, aber für uns ist es wichtig, diesen nicht während der Arbeit permanent zu begegnen. Es ist eine große Herausforderung für uns zukünftig sich unseren Ängsten zu stellen, aber wir werden dies weiterhin versuchen, nur bewusster.
Zusätzlich merkten wir auf der Avocadofarm, dass es wichtig ist etwas zu machen, was man liebt. Den Job haben wir gehasst und wir dachten es durch zu hauen sei die beste Lösung. Es ist aber wichtig glücklich zu sein. Dementsprechend versuchen wir zukünftig darauf zu achten, dass nichts unser Glück gefährdet. Harte Arbeit darf es geben, aber dann müssen andere Sachen gegeben sein. Zum Beispiel wissen wir jetzt eine richtige Unterkunft mehr zu schätzten. In der Wohnung war es bereits eine Freude nicht durch den Regen gehen zu müssen, um aufs Klo zu kommen.
~ Daniel