In Australien, genauer in der Pilbara Region, steht ein Denkmal eines Hundes. Dieser Hund ist eine Legende des Ortes und es gibt viele Geschichten von seinen Abenteuern. Er wurde berühmt als der „Pilbara Wanderer“, weil er per Anhalter durch die Region reiste. Seine Geschichte ist spannend, amüsant und sehr bewegend. Zeitungen, Bücher, zwei Filme und vieles mehr wurde dem Leben von Red Dog gewidmet. Als wir auf seine Geschichte in einem Buch stießen, wurden wir neugierig. Schließlich gingen wir auf die Spurensuche. Wer war Red Dog?
Red Dog wurde 1971 in Paraburdoo geboren. Ursprünglich trug er den Namen Tally Ho, aber seine Familie nannte ihn Tally. Er war eine Mischung aus einem Australian Kelpie und einem Cattle Dog. Die Geschichte begann mit dem Umzug in die Minenstadt Dampier. Auf der Fahrt soll der Hund hinten auf einem Anhänger gesessen haben. Aufgrund der staubigen Straßen, kam er schließlich komplett mit rot überzogen in Dampier an.
Bereits in seiner Zeit als Welpe war Tally Ho ein sehr energiereicher und abenteuerlustiger Hund. Sein Besitzer nahm ihn zu dem sieben Kilometer entfernten Flughafen mit. Der Rückweg wurde zu einem Wettrennen gegen das Auto und selbst nach dem Rennen schien Tally noch voller Energie zu sein. Auch in Dampier baute er seine Abenteuerlust aus. So wanderte er umher und entwickelte Instinkte, um sich selbst zu versorgen. Nach nur drei Monaten in Dampier, brach Tally Ho mit seiner Familie und machte sich auf seinen eigenen Weg. Aus Tally Ho wurde Red Dog.
Trotz der großen Beliebtheit von Red Dog, mochte ihn nicht jeder. Er hatte einen sehr ausgeprägten Charakter. Dabei verhielt er sich oft antisozial. So war er ein bekannter Dieb bei den BBQs. Grundsätzlich war sein Essverhalten außergewöhnlich, in nur 9 Sekunden konnte er den Inhalt einer großen Dose mit Futter verschwinden lassen. Außerdem setze er immer seinen Willen durch. Wenn Red Dog irgendwo sein wollte, dann konnte ihn keiner auch nur einen Zentimeter bewegen. Dementsprechend unangenehm konnte er manchmal sein.
Jedoch darf man ihn nicht einfach als harten und antisozialen Hund abstempeln. Red Dog war auch ein sehr intelligenter Hund. In allen Büchern und Geschichten wirkt es so, als hätte er viele Sachen außergewöhnlich gut verstanden. So fuhr er nicht bei Leuten mit, die nicht mehr in der Lage waren zu fahren.
In einer anderen Erzählung, geht es um die Gesundheit von ihm. Irgendwann wurde er schwächer und er verlor viele seiner Kämpfe. Es wurde festgestellt, dass er Herzwürmer hatte. Eine Behandlung erforderte die Einnahme von Medizin für sechs Wochen. Jedoch konnte keiner Red Dog an einem Ort halten. Folglich erklärte sich ein Ranger bereit für die Zeit in seiner Nähe zu bleiben, um ihn immer wieder für die Medizin einzufangen. An einem Tag wurde Red Dog von einem anderen Menschen wieder freigelassen. Dieser wusste wahrscheinlich nicht, warum Red Dog eingesperrt wurde. Doch statt sich vom Acker zu machen, sperrte er sich wieder selbst ein, um seine Medizin zu bekommen.
Lange Zeit ging Red Dog seinen ganz eigenen Weg. Keiner konnte ihn lange halten. Spätestens nach einigen Tagen zog er weiter. Manche versuchten ihn zum Bleiben zu bewegen, manche versuchten ihn einzusperren, aber am Ende ging er jedes Mal. Doch 1972 lernte er den neuen Busfahrer John Stazzonelli kennen. Red Dog lief oder lag meistens in der Gegend der Mienen herum. Seit dem Zeitpunkt, wo John als Busfahrer anfing, saß er immer auf dem Platz hinter dem Busfahrer. Niemand konnte ihm diesen Platz wegnehmen.
Eines Tages fing eine Frau an als Sekretärin für die Firma zu arbeiten. Sie sollte als Einzige Frau in diesem Bus mitfahren, jedoch waren alle Plätze besetzt. Nur auf dem Platz hinter dem Busfahrer lag ein Hund. Dementsprechend dachte sie, dass ihr der Platz zustand und sie versuchte Red Dog weg zu schicken. Dieser regte sich nicht und so setzte sie sich an die Ecke des Platzes. Red Dog verteidigte seinen Platz und stieß sie runter. Über Wochen gab die Frau nicht auf und tatsächlich teilte er irgendwann seinen Platz mit ihr.
Auch seine Beziehung zu John wurde immer besser. Zunächst hielt er sich häufiger in der Nähe von John auf und schließlich folgte er ihm überall hin. John wurde nicht sein Besitzer, aber sein Freund. Auch in dieser Beziehung setzte Red Dog häufig seinen Willen durch. So konnte John nicht einmal mit der Sekretärin ins Autokino ausgehen, ohne dass der Hund ebenfalls seinen Weg ins Auto fand. Tragischerweise starb John Stazzonelli bei einem Motorradunfall am 23. Juli 1975. In einigen Erzählungen heißt es, dass sich Red Dog drei Wochen lang nicht von der Stelle rührte (Johns Veranda) und auf ihn wartete, bis er loszog, um seinen Freund vergeblich zu suchen, so begannen seine berühmten Reisen.
Red Dog ging per Anhalter auf eine große Reise. Am Straßenrand wartete er meistens bis ihn jemand in sein Auto ließ. Wer auch immer Red Dog mitnahm, musste sich nach ihm richten, denn er würde das Auto nicht eher verlassen bis er an seinem gewünschten Ziel ankam. Folglich mussten die Fahrer oft große Umwege in Kauf nehmen. Schließlich wollte keiner, dass der Hund im Auto blieb. Die Autobesitzer fürchteten seine berühmten Stinkbomben, wonach ein Auto für mindestens drei Tage nicht benutzt werden konnte.
Red Dog verstand seine Bekanntheit in der Gemeinde und so wurde er zu jeder Zeit dorthin gebracht, wo er hin wollte. So bereiste er eine ziemlich große Fläche. Red Dog wurde nach Tom Price, Roebourne, Point Samson, Port Hedland, Broome und sogar Perth mitgenommen. Es heißt, dass er schneller wieder in Dampier war, als die Familie die ihn nach Perth brachte. Auch auf den sehr langen Eisenerzzügen war Red Dog als inoffizieler Passagier bekannt. Einfach faszinierend, wie ein Hund zahlreiche Menschen dazu beeinflussen konnte seine Wünsche zu erfüllen.
Trotz einer sehr antisozialen Persönlichkeit, war Red Dog sehr beliebt. Er war ein Teil der Gemeinschaft und dies wurde sogar offiziell gemacht. Er wurde zum Hund der Gemeinde und hatte somit Sonderrechte. Red Dog konnte man fast schon wie einen Menschen ansehen. Selbst, wo Hunde verboten waren, durfte er sich aufhalten. Dementsprechend wurde er auf einigen Sportevents gesichtet oder auch im Supermarkt. Tatsächlich kam er auch nie in die Not aus Mülleimern fressen zu müssen. Für all seine Grundbedürfnisse wurde von der Gemeinde gesorgt. Um für seine Kosten aufzukommen wurde ein Bankkonto für ihn erstellt. Dort zahlten die Menschen ihr Geld ein, um seine Tierarztkosten oder andere Sachen zu bezahlen. Er war, einfach gesagt, eher Mitbürger als Haustier.
Weitere Geschichten, die wir entdeckten, zeigen, wie wichtig Red Dog den Menschen in der Umgebung war. Nachdem er um Dampier herum mit zwei Schusswunden gefunden wurde, brachten ihn zwei Minenarbeiter zum nächsten Vet nach Port Hedland. Sie bezahlten einen Notfallflug, die Tierarztkosten, ihre eigene Unterkunft, die Rückfahrt und sie nahmen einen Gehaltsverlust für diese Zeit in Kauf. Außerdem setzte sich die Gemeinschaft sehr stark für ihn ein. In einem Caravan Park waren Hunde verboten. Besonders die Verwalter des Platzes hatten etwas gegen Hunde und so drohten sie Red Dog zu erschießen. Kurze Zeit später wurden die Männer der Stadt zusammengerufen und es heißt, dass die Verwalter am nächsten Tag die Stadt verlassen hatten.
Red Dog war ein sehr zäher Hund, denn er überlebte mehrere Schussverletzungen und viele Straßenkämpfe mit anderen Hunden, jedoch fand seine Geschichte ein zu frühes Ende. Am 21. November 1979 wurde Red Dog von dem Vet Rick Fenny eingeschläfert. Er erlitt einen dauerhaften Gehirnschaden durch einen Strychnin Köder, den er eine Woche zuvor gegessen hatte. Rick Fenny versuchte, was er konnte, doch diesen Kampf verlor Red Dog. Schließlich wurde er im australischen Busch irgendwo zwischen Cossack und Roebourne von Rick Fenny beerdigt.
Auf den Tod von Red Dog folgte eine große Welle des Andenkens. Von der Todesmeldung wurde national berichtet. Viele Menschen widmeten ihm Texte, Gedichte oder auch Bücher. Dieser Hund bewegte die Gemeinde sehr und so blieb er im Herzen vieler Menschen. Schließlich verzichtete Rick Fenny auf die Kosten der letzten Behandlung und spendete dieses Geld für das geplante Denkmal. Dieses wurde in Dampier aufgestellt und viele Bürger beteiligten sich durch Spenden, Material und Werkzeug, welches sie zur Verfügung stellten oder ihre Arbeit an dem Denkmal.
Wir sind total begeistert von Red Dogs Geschichte. Sein Leben verdient es erzählt zu werden. Uns schien es so, als wäre er der Freund einer gesamten Region. Für ihn waren seine Mitbürger bereit alles zu geben. Einfach einmalig, danke Red Dog, dass du uns auf dieses Abenteuer mitgenommen hast.
Garantieren können wir nicht, dass wir alles richtig erzählt haben. Wir waren nicht dabei, aber wir versuchten den Spuren von Red Dog zu folgen. In dem Buch „Outback Vets“ von Annabelle Breyley stießen wir auf die Geschichte von Rick Fenny. Darin fanden wir Erwähnungen von einem außergewöhnlichen Hund. Da wir durch Dampier, Karratha und Port Hedland reisten, wollten wir dem auf dem Grund gehen. In Dampier schauten wir uns das Denkmal und die Informationstafeln an.
In Karratha gingen wir zur Bücherei. Dort gibt es einen ganzen Ordner mit alten Zeitungsausschnitten über Red Dog. Diese arbeiteten wir durch und besuchten danach die Tierarztpraxis der Stadt. Tatsächlich haben sie noch originale Bilder von ihm und seinem Halsband. Spannend fanden wir auch, dass das Halsband über Jahre verschwunden war und einfach irgendwann wieder auftauchte. Schließlich kauften wir uns noch das Buch „Red Dog“ von der Zeitzeugin Nancy Gillespie. Außerdem interviewten wir Rick Fenny über das Telefon. Das Grab von Red Dog fanden wir leider nicht. Wir fuhren zwei Mal in den Busch, jedoch erfolglos. Die Spurensuche war sehr spannend für uns und wir fühlten uns der Geschichte auch sehr nah, als wir vor Ort waren. Niemand, der bei Dampier vorbeikommt, sollte die Geschichte von Red Dog verpassen.
Am Ende müssen wir nur noch eine Antwort für unsere Frage finden. Wer war Red Dog? Er war ein freier Hund, der per Anhalter durch den Nordwesten von Australien reiste und einen sehr starken Wille hatte. Keiner konnte ihn besitzen und er suchte sich seine Freunde selber aus. Außerdem war er ein beliebtes Mitglied der Gemeinde, trotz seiner Eigensinnigkeit. Heute ist er eine Legende.