Der Schnabeltier-Stop
Auf dem Weg nach Canberra planten wir uns einen Zwischenstopp im Kosciuszko National Park ein. Da dieser eine weite Entfernung von unserem Startpunkt inne hatte, entschlossen wir uns einen reinen Fahrtag zu machen. Es verstrich eine lange Fahrt ohne nennenswerte Ereignisse bis wir am Nachmittag an einer Abzweigung ankamen und dort ein Schild hing, welches unsere Pläne mal wieder durcheinander werfen sollte.
Wir hatten die Wahl zwischen rechts abbiegen und auf der Route bleiben und links abbiegen und zum ausgeschilderten “Platypus Reserve”, zu Deutsch “Schnabeltier Reservat”, zu fahren. Meine Begeisterung sprang von jetzt auf gleich an, doch mir war klar, dass wir bereits eine Schnabeltierbeobachtung zwei Tage später eingeplant hatten und dass es noch über 100 Kilometer Strecke bis zum Ziel waren. So gut wie Jenny mich kennt fragte sie mich rhetorisch: “Da müssen wir nicht hin, oder?” Natürlich blieben wir auf unserer Strecke und fuhren so in die Stadt Bombala hinein, wo wir uns ein Klo suchten, um eine kleine Pause zu machen.
Der Zwischenstop
Wir fanden einen kleinen Park mit Klos, einer Wasserauffüllstation, BBQs und einem Spielplatz. Nach der Benutzung der Klos, wollten wir die Flaschen auffüllen und die Gelegenheit nutzen, um zufällig den Spielplatz zu testen. Leider funktionierte die Wasserstation nicht, aber der Spielplatz der war klasse, denn er hatte zwei Seilbahnen, eine normale wie es sie auch in Deutschland gibt und eine extra mit einem Sitz zum Anschnallen für Kinder. Welche der beiden Seilbahnen schlussendlich besser war blieb offen, da waren die Meinungen der Testpersonen nicht übereinstimmend, aber es hat sehr viel Spaß gemacht.
Auf dem Rückweg sahen wir uns die BBQs an und stellten fest, dass diese Steckdosen besaßen, dementsprechend entschieden wir, dass wir unser Abendessen in diesem Park machen würden und danach weiterfahren würden. Diese Entscheidung blieb nicht lange standhaft, denn mein Bauchgefühl ließ mir keine Ruhe, ich war mir sicher, dass das Schnabeltier Reservat uns eine weitere Sichtung ermöglichen würde, also war der neue Plan: Essen, zum Reservat fahren und dann eine Übernachtungsmöglichkeit in der Nähe suchen. Unsere Entscheidungsfreudigkeit führte dazu, dass wir während des Essens uns einen neuen und endgültigen Plan machten: Essen, Schnabeltiere Beobachten und die Strecke bis zum Ziel zu Ende fahren. Am nächsten Tag wollten wir unbedingt den höhsten Berg Australiens besteigen, weswegen es wichtig war unser Ziel noch zu erreichen. Schließlich aßen wir gemütlich auf und machten noch paar Fotos von den Metalskulpturen, die im Park standen.
Das Schnabeltierfoto
Als wir endlich zum Reservat fuhren, konnte ich meine Begeisterung kaum noch verstecken. An diesem Tag wollte ich unbedingt ein Schnabeltierfoto schaffen. Nach zwei Versuchen, einmal auf Kangaroo Island und einmal bei einer Kanutour, sollte endlich der erfolgreiche Tag kommen. Als aller erstes aber mussten wir die Strecke heile überstehen, denn im Reservat ging es steil runter auf unbefestigter Straße. Nachdem wir unser Auto auf dem Parkplatz abgestellt hatten, ging es auf eine Aussichtsplattform. Von dieser konnte man einen Abschnitt vom Bombala River sehen. Lange dauerte es nicht bis wir das erste Schnabeltier sichten konnten. Für ein Foto war ich zu langsam, aber meine Freude über die Sichtung unbeschreiblich groß. Nun hieß es ganz genau beobachten, wo Bläschen im Wasser aufstiegen, um die nächste Auftauchstelle zu sichten. Relativ schnell fanden wir das kleine braune glitschige Tier wieder. Dieses Mal gelang mir ein so seltenes Foto aus der Ferne.
Die Beobachtung
Der Weg des Schnabeltiers war spannend zu verfolgen, es schwamm entlang der Strömung. Schnabeltiere machen bis zu tausend Tauchgänge in einer Nacht, um ihr Essen zu jagen. Mich faszinieren diese Wesen besonders sehr. Sie stechen selbst in der Natur, welche für mich außergewöhnlich ist, heraus, weil sie äußere Elemente von vier anderen Tieren haben — einen Schnabel wie eine Ente, einen Schwanz wie ein Biber, Krallen wie ein Bär und einen Pelz wie ein Otter. Inzwischen besitze ich ein Buch über Schnabeltiere, um sie besser zu verstehen. Doch sie bleiben für mich ein kleines Mysterium und jede Beobachtung, Erfahrung, und Lektion lässt mich ein Stück näher an das Gesamtbild kommen.
Das schöne bei der Beobachtung war die stille Begeisterung, die wir zusammen teilten. Um die Schnabeltiere nicht zu verscheuchen, muss man sehr ruhig sein. Wir hörten den Fluss fließen und den Wind wehen. Das Schweigen, Beobachten und Zuhören waren pure Erholung. Die Natur bietet für mich eine Auszeit von der schnellen und überladenen Welt. Sie ist ein magischer Ort an dem jeder die Chance hat nachzudenken und zu genießen.
Das zweite Schnabeltier
Mit der Zeit entdeckten wir ein zweites Schnabeltier, welches mit jedem Tauchgang unserem Ufer näher kam, deswegen gingen wir runter von der Plattform direkt an das Ufer heran. Mir gelangen dabei einige sehr schöne Bilder und wir konnten neue Details sehen. Wir sahen zum ersten Mal den glitschig-weichen Schnabel und den Schwanz für eine längere Zeit. Schließlich kam es am Ende so nah, dass wir Augenkontakt mit dem Schnabeltier hatten. Dies war für mich die bisher spannendste Tierbegegnung in ganz Australien. Wir stellten fest, dass dieses Schnabeltier weniger scheu war, als die Anderen, die wir bisher sahen, denn es tauchte mindestens eine halbe Minute nicht ab. Der Augenkontakt blieb und es fühlte sich so an, als hätte das Schnabeltier uns so beobachtet wie wir es. Mein Bauchgefühl hatte recht und wir werden dieses Erlebnis für immer mit dem Schnabeltier Reservat in Bombala verbinden. Eines Tages werden wir wiederkommen…
Die restliche Fahrt
Abschließend fuhren wir zu unserem Ziel. Die Fahrt war quasi die Lehre, wieso man in Australien abends nicht fahren sollte. Zunächst konnten wir eine atemberaubende Landschaft und einen unbeschreiblich schönen Sonnenuntergang bewundern, doch genau dieser Sonnenuntergang erschwerte die Fahrt ungemein. Das Fahren im Hellen oder Dunklen ist kein Problem, jedoch ist der Wechsel von Tag zur Nacht ziemlich anstrengend für die Augen. Es ist besonders gefährlich, wenn das nachtaktive Leben der Natur die Straße überqueren möchte.
Anfangs trafen wir vereinzelt Kängurus oder einmal auch einen Ameisenigel, doch gegen Ende der Fahrt standen die Kängurus am Straßenrand wie die Menschenmassen in Sydney an einer Ampel nur das die Kängurus jeder Zeit vor das Auto springen könnten. Mit der größten Vorsicht kamen wir ohne Unfall durch. Mit dem Erreichen des Ziels viel die große Anspannung endlich ab. Letztendlich konnten wir einen überraschend schönen Fahrtag in Ruhe ausklingen lassen. Eins hat mich dieser Tag gelehrt: Man sollte öfters auf sein Bauchgefühl hören und Spontanität im Leben zulassen. Für uns wird dieses Abenteuer unvergesslich bleiben!
~ Daniel